Ich finde es gerade äußert famos wie sich unsere Politiker über Google Street View in Rage reden. Die Presse nimmt diese Aussagen gerne auf und startet eine regelrechte Hetzkampagne gegen Street View. Wie schwachsinnig die Berichterstattung ist zeigt gerade das BILBblog. Über das für und wieder von Street View will ich gar nicht groß diskutieren, doch mir fällt auf dass sich aktuell praktisch jeder Politiker zum großen Datenschützer aufschwingt. Da wird auf einmal eine Ilse Aigner, die in der Vergangenheit bei jeder Abstimmung im Bundestag, die auch nur im entferntesten mit dem Thema Datenschutz zu tun hatte, vom Saulus zum Paulus und kämpft für „unsere“ Privatsphäre…

Der Spiegel zitiert eine ganze Reihe von Politikern, die ihren Wohnsitz verpixeln lassen wollen. Über abgeordnetenwatch.de kann man ja wunderbar nachvollziehen wer von diesen selbsternannten Rittern des Datenschutzes ernsthaft für den Schutz unserer Daten und gegen den „gläsernen“ Bürger kämpft. Schauen wir uns doch mal die Kandidaten und die bei zum Thema passenden Abstimmungen an…

BKA-Gesetz (Abgeordnetenwatch.de)

  • Thomas Oppermann: Dafür
  • Gisela Piltz: Dagegen
  • Monika Grütters: Dafür
  • Hans-Christian Ströbele: Dagegen
  • Johannes Singhammer: Dafür
  • Guido Westerwelle: Dagegen
  • Ilse Aigner: Dafür

Vorratsdatenspeicherung (abgeordnetenwatch.de)

  • Thomas Oppermann: Dafür
  • Gisela Piltz: Dagegen
  • Monika Grütters: Dafür
  • Hans-Christian Ströbele: Dagegen
  • Johannes Singhammer: Dafür
  • Bodo Ramelow: Dagegen
  • Guido Westerwelle: Dagegen
  • Ilse Aigner: Dafür

Internet-Sperren (abgeordnetenwatch.de)

  • Thomas Oppermann: Dafür
  • Gisela Piltz: Dagegen
  • Monika Grütters: Dafür
  • Hans-Christian Ströbele: Dagegen
  • Johannes Singhammer: Dafür
  • Bodo Ramelow: Dagegen
  • Guido Westerwelle: nicht beteiligt
  • Ilse Aigner: Dafür

Man sieht, nur wenige dieser „Datenschützer“ sind an Datenschutz interessiert. Fasziniert bin ich ja von unserer Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner. Aktuell hat sie alle größeren Internet-Unternehmen zu Ihren Feinden auserkoren und legt sich mit Facebook und Google (Google Buzz wie auch Street View an), doch sie hat rein gar nichts dagegen dass dem Staat Möglichkeiten zur Bespitzelung der Bürger an die Hand gegeben werden, die ungeheuerlich sind. Fragt man Frau Aigner nach diese Diskrepanz (abgeordnetenwatch.de und dann unter „Öffentliche Äußerungen“ nach „Elena „suchen)…

Wie sehen dazu den fehlenden Respekt des deutschen Staates gegenüber seinen Bürgern, wie z. B. mit ELENA, dem großen Lauschangriff, der Vorratsdatenspeicherung, ELSTER, die Einführung von DNA-Datenbanken und biometrischen Pässen einführt, und dessen Regierung, die die SWIFT-Daten durch die USA tunneln will, damit sie indirekt Zugriff darauf kriegt.

Können Sie den Unterschied des mangelndes Respekts des Staates zu dem mangelnden Respekt von Google gegenüber den privaten Daten erklären? Und warum wollen Sie die Privatsphäre gegenüber Google stärken und gegenüber dem Staat aufheben? Wie erklären Sie sich, daß die Daten von Google besser geschützt sind, als die Daten der Mitarbeiter von mehrheitlich im Staatsbesitz befindlichen Unternehmen, wie Deutsche Bahn?

Dann bekommt man eine ellenlange Abhandlung über die Google Street View, aber KEIN EINZIGES Wort zu ELENA, SWIFT und Co. Frau Aigners Antwort geht also komplett an der Fragestellung vorbei. Unbewusst? Sicher nicht… In meinen Augen ist Street View einfach nur ein Bauernopfer, um uns Bürger zu zeigen dass die Politik etwas für unseren Datenschutz tut. Hauptsache die Regierung darf weiterhin auf unsere Konten schauen, unsere biometrischen Daten speichern, unsere Verbindungsdaten sichern usw… Aber wenigstens sind die Fassaden unserer Häuser vor Google sicher.

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20 Kommentare

  1. Guter Beitrag. Bleibt noch zu erwähnen, dass die FDP/Guido Westerwelle ihr populistisches Fähnchen gegen die ersten zwei von dir erwähnten Abstimmungen votierte, da sie ja an Profil gewinnen wollten.

    Leider ist von deren Profil zumindest mMn. nichts übrig geblieben.

  2. Ich bin bei dir, Kumpel 🙂 Es ist die übliche Volks-Schizophrenie: Keiner will Google Street-View, aber jeder will es nutzen.

    Was Frau Aigener anbelangt, gütiger Himmel, sie ist der Abklatsch eines durchgeknallten Durchschnittsbürgers: Sie bejammert die Datensicherheit bei Facebook – ohne zu erwähnen, dass Facebook kostenlos ist. Das ist so typisch für so viele, die meinen, alles hat kostenlos zu sein – und die gucken einem schräg an, wenn man ihnen vorschlägt, doch auch umsonst arbeiten zu gehen …

    Tja, was soll man da sagen? … 🙂

  3. Genau meine Meinung.
    Auf einmal spielen sich alle als Datenschützer auf.
    sehr gut fand ich auch noch mal die Übersicht über deren
    sonstige „Beiträge“ zum Datenschutz.
    Sicher ist Googles Datensammelwut nicht unkritisch zusehen.
    Besonders die Kooperation mit der CIA ist besorgniserregend.
    (http://www.taz.de/1/netz/netzkultur/artikel/1/zeitalter-des-internetfeudalismus/)

    naja vielleicht findet ja Google die Massenvernichtungswaffen im Irak. Mit Sicherheit über Streetview ^^

  4. Verwundert hat mich ein Artikel in der Bild vom Montag, alle populistischen Politiker und Datenschützer verteufeln Google, weil es angeblich nur 4 Wochen Zeit lässt, den Widerspruch (online) zu verfassen. Dabei verschweigen sie alle gern, das man sich schon seit langem per Brief dagegen aussprechen kann und das man auch noch lange danach per Brief Einspruch erheben kann. Einzig die Bild, die normalerweise alle aufhetzt, hat im besagten Artikel darauf hingewiesen

  5. …und wozu brauchen wir unbedingt Google Street View , ich verstehe leider auch nicht warum viele Netzaffine und Blogger so vehement gerade für diesen Dienst sind?
    Es ist doch auch nur ein weiteres Mittel was zur Überwachung missbraucht werden kann.
    Zudem wäre ich mir völlig Sicher das „Street View“ auch in den USA Verboten worden wäre wenn der Dienst nicht von Google sondern zb. von einer Russischen oder Chinesischen Firma Ausgeführt worden wäre (eventuell hätte sogar eine aus Deutschland oder Europa gereicht) ….. die Daten aller US Städte von russ. Firmenfahrzeugen eingesammelt und auf einen Server in Moskau? …. der Sturm der Entrüstung wäre vielleicht noch „schlimmer“ gewesen als in Deutschland und vermutlich gleich die nationale Sicherheit in Gefahr.

    • Es geht nicht darum, ob wir StreetView unbedingt brauchen. Ich persönlich habe bisher auch ganz gut ohne überlebt. Es geht bloß darum, ob wir einen Staat wollen, der alles verbietet, was man nicht explizit benötigt, oder einen der alles erlaubt, was nicht explizit schädlich ist.

      Im Übrigen möchte ich mal sehen, wie du mit StreetView irgendwen überwachen möchtest. Nochmal: Das sind keine Live-Bilder. Die fahren einmal rum und fotografieren alles. Das haben auch in Deutschland schon Dutzende andere Firmen gemacht, und für Geld kannst du dir die Bilder problemlos besorgen – zusammen mit detaillierten Angaben über die Einkommensstrukturen und Kreditausfallquoten der betreffenden Straßenzüge und vieles mehr. Hat bisher niemanden interessiert, solange man sein Haus nicht selber per Mausklick beobachten konnte, sondern nur andere dieses taten.

      Was wir beobachten können, ist einfach ein Paradebeispiel moderner Politik. Die Aigner und andere profilieren sich als Verbraucherschützer, ohne irgendeinen Preis dafür zahlen zu müssen. Google ist ein amerikanisches Unternehmen, d.h. es droht hier kein Arbeitsplatzverlust. Im Gegensatz z.B. zu Microsoft und anderen IT-Konzernen wenden sie auch nicht besonders viel Geld für Korruption politische Lobbyarbeit diesseits des großen Teichs auf. Den Staat kostet es keinen Cent, GoogleStreetView o.ä. zu verbieten. So billig können Politiker selten ihr Image aufpolieren. Ein paar Gefallen bei Pressefritzen einzulösen reicht.

      Hinzu kommt, dass man schon mal Google das Badboy-Image anhaften kann. Das kann man dann bei der anstehenden politischen Diskussion zum „Leistungsschutzrecht für Verlage“ gut gebrauchen.

      (Ich will jetzt Google auch keinen Heiligenschein aufsetzen, aber im Vergleich zu Diensten wie GoogleMail, GoogleOffice (oder wie das heißt) usw. sehe ich bei GoogleStreetView echt noch am wenigsten Datenschutzprobleme.)

  6. Ich weiß schon das Street View keine Live Bilder sendet , trotzdem ist es nützliches einfaches Hilfsmittel zum Ausspionieren von Leuten, Bewegungsprofile zu erstellen oder halt nur privates Stalking zu Betreiben.
    Mir kommt das am Ende eher so Vor , als ob alle Dafür sind weil vielleicht gerade ein paar Politiker dagegen sind und es nicht zuletzt gerade von der „Hippen“ Firma Google kommt statt von einer Behörde?
    Vielleicht hätten sie auch bei der „Datenvorratsspeicherung“ von Google Beraten lassen sollen , die hätten aus dem Wortungetüm einen schicken Dienst aller „Zeitgeist“ für alle gemacht.
    Schauen sie kostenlos nach mit wem deine Frau / Mann voriges Jahr am 15. Aug telefoniert oder gesurft hat , sie brauchen nur die Handy Nummer Eingeben .
    Schon wäre die Vorratsdatenspeicherung halb so schlimm , wichtig ist die Leute am Voyeurismus über seine Nachbarn zu Beteiligen wie bei Street View und nicht nur ein paar „Geheimdienste“, das Konzept scheint zu Funktionieren.

    • Sorry, aber das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar, was du schreibst. Du behauptest, du weißt, dass GSV keine Live-Bilder sendet, aber argumentierst permanent so, als wäre das doch der Fall:

      – „Bewegungsprofile“: Wie soll das gehen? Wenn’s wirklich hart auf hart kommt, dann ist der Google-Wagen vielleicht irgendwann an einem sonnigen Tag im Jahre 2009 andersrum um den Block gefahren, als du zum Supermarkt gegangen bist, und wenn man die Gesichtsverpixelung mal ignoriert, hat er dich auf diesem Weg zufällig zweimal aufgenommen. Das kann man natürlich als „Bewegungsprofil“ bezeichnen, wenn man möchte. 😀

      – „Ausspionieren von Leuten“: Wie denn? Die Aufnahmen sind mindestens 1—2 Jahre alt. Sie sind auch nicht nach Personen durchsuchbar. Du kannst halt sehen, wie das Wohnhaus von jemandem aussieht, aber wenn du eine Motivation hast, jemanden „auszuspionieren“, dann würdest du vielleicht auch deinen Hintern vor Ort bewegen, falls es GSV nicht gäbe.

      – „Stalking“: Häh? Wie kann man jemanden belästigen, indem man ein Bild von seinem Haus ansieht?

      Die „hippe Firma Google“ ist mir jedenfalls scheißegal. Das hab ich im letzten Beitrag schon geschrieben, aber wenn man inhaltlich nichts zu sagen hat, attackiert man eben ad hominem und versucht, alle anderen als Fanboys zu diffamieren.

      Auch Vergleiche zur „Vorratsdatenspeicherung“, lassen sich inhaltlich in keiner Weise nachvollziehbar begründen, sind einfach komplett lächerlich und zeigen bloß, dass *du* einer politischen Marketingkampagne aufgesessen bist. Das sind einfach nur leere Stichwörter, die du hier fallen lässt, und die du irgendwo in einem „Qualitätsmedium“ aufgeschnappt hast. Du bist ja nicht mal in der Lage, auf ein einziges Argument einzugehen und es zu entkräften.

  7. Ich sprach von einem „Hilfsmittel“ für die Erstellung von Profilen , dazu benötigt man natürlich noch andere Daten das ist mir schon klar , allein reicht Street View natürlich nicht.
    Aber im Zusammenhang mit zb. Geotagging bringt es schon mehr für Bewegungsprofile als Google Maps.
    Ich rege mich nicht auf, sehe die Sache aber vielleicht etwas Differenzierter.

    • Man kann damit vielleicht ein Bewegungsprofil visualisieren, um das in einem Krimi besser zu präsentieren, aber ansonsten sind 2D-Karten tausendmal praktischer für sowas. Unverzichtbarer Bestandteil eines Bewegungsprofils sind jedenfalls Bewegungsdaten. Ob man die nun mit einem Bleistift in einen Falkplan einträgt oder eine 3D-Fahrt durch GSV erstellt ist völlig egal. Ansonsten sind Computer allgemein auch sehr praktische „Hilfsmittel zur Erstellung von Profilen“. Am besten alles verbieten.

  8. Mich regt das ja auch ungemein auf. Ein paar Tage später sieht man, dass diese ganze Google Street View Theater ein absoluter Sommerlochfüller war. Heute – nur ein paar Tage später – kräht kein Hahn mehr danach!

  9. Die Aufregung um Google Street View war in Deutschland am größten. Datenschützer und Profilneurotiker waren empört. Und nun? Kein Mensch regt sich auf, Street View wird von Vielen genutzt, auch auf vielen Webseiten. Und die, die ihr Wohnhaus unkenntlich machen ließen, haben sich eher lächerlich gemacht. Man könnte auch sagen, dass das erst die Neugierde weckt.

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