Ich benutze BitTorrent recht gerne um Linux-Distributionen aus dem Netz zu laden. Erstens gibt es manche kleinere Distributionen wie bspw. Crunchbang gar nicht als direkter Download, zweites sind selbst die Server von großen Distributionen wie etwa Ubuntu beim Release einer neuen Version ziemlich überlastet und drittens geht der Download selbst im Normalfall mit BitTorrent meist schneller als per normalen Webdownload. Nun sollte man meinen, dass der Download freier Software über ein Filesharing-Protokoll völlig legal sei, doch Pustekuchen… manch ein Abmahnabzocker versucht sich selbst damit ein goldenes Näschen zu verdienen.

Im Forum lima-city.de beschreibt heute ein User aus den Niederlanden, dass er von einer deutschen Abmahnkanzlei (abmahnung-negele.net) im Auftrag eines holländischen Pornoproduzenten [UPDATE1: Der Name der abmahnenden Firma lautet recht ähnlich wie der anfangs im Artikel genannte Produzent von Pornofilmen, ist aber in keinem Handelsregister zu finden. Der Erotik-Produzent hat wohl nichts mit der Abmahnung zu tun.] eine Abmahnung wegen dem angeblich illegalen Download von Debian5 unterzeichnen soll. Die Kosten für Zustellung, Anwälte und weiterem Piepapo würden 700 Euro betragen…

heute Vormittag war bei mir der Schrecken groß. Im Briefkasten lag ein 6-seitiges Schreiben einer Rechtsanwaltskanzelei aus Augsburg. Der Tatbestand, den ich hier zittiere:

Gegenstand unserer Beauftragung ist die im Rahmen des Netzwerkes BitTorrent, über Ihren Anschluss beganngene Verletzung an der Software Debian 5

Dazu steht daß ich die Software Anfang Januar (7. Januar 2011) um 14 Uhr 22 und 20 Sekunden unter meiner IP (die ich hier nicht nenne) heruntergalden habe und gleidchermaßen auch wieder zum Download angeboten habe. Naja das stimmt ja soweit, ich habe Anfang Januar zu Testzwecken Debian 5 gezogen und auch über BitTorrent.

Da der User den Torrent von der offiziellen Debian-Seite bezogen hat, so dass in der heruntergeladenen Datei auch das stecken sollte was „draufstand“, kann an den Vorwürfen eigentlich nichts dran sein, so dass dem Linuxer hoffentlich keine Unkosten entstehen.

Aber irgendwie freut es mich dass immer wieder bekannt wird, wie offensichtlich perfide, ungenau und falsch das vermutlich hochautomatisierte Vorgehen dieses ganzen Abmahnbusinesses ist. Wie viele Internetnutzer haben aus Angst vor noch höheren Kosten schon solche Abmahngebühren bezahlt, obwohl die Vorwürfe nicht korrekt waren?

Jeder der schon einmal von solch einer ungerechtfertigten Abmahnung betroffen war, sollte das Thema so groß wie möglich aufhängen. Schreibt darüber in Blogs, schreibt an Zeitungen/Magazine, wendet euch zur Not an Fernsehsender. Je mehr über diese Dilettanten bekannt wird, je teuerer diesen Rechtverdrehern eine falsche Abmahnung kommt, desto schlechter ist es für das Geschäft dieser Ma… und desto eher werden die Verbraucher besser geschützt.

[UPDATE2: Laut dem Empfänger der Abmahnung wurde diese nicht von der im Brief genannten Anwaltskanzlei abgeschickt. Weder die Anwaltskanzlei, noch der Erotikproduzent hatten wohl etwas mit dieser Abmahnung zu tun. Es wurde Anzeige gegen Unbekannt bei der Polizei erstattet.]

[UPDATE3: Des Rätsels Lösung ist gefunden. Die „Abmahnung“ stammte wohl von einem verschmähten Verehrer, der zuvor selber eine ähnliche – aber wohl berechtigte Abmahnung – erhalten hatte und dieses Vergnügen wohl teilen wollte. Der Verehrer hatte wohl direkte Kenntnis über den Download via BitTorrent der Threadstarterin. Daher konnte er seine Abmahnung recht glaubwürdig formulieren. Nur hat er wohl nicht damit gerechnet, dass die Abgemahnte solch einen Sturm auslösen würde… 😉 ]

39 Kommentare

  1. Wie lächerlich ist das denn bitte!?

    Kann ich davon ausgehen, dass sich die „Abmahn“-Kanzlei (geile URL übrigens ;)) vorher erkundigt hat, was Debian überhaupt ist und dann erst die Abmahnung verfasst hat? Wenn ja, dann wäre das ja (gaaaaanz bewusster) Betrug…in der Theorie zumindest 😉 😀

    Es ist echt traurig, dass es solche Menschen gibt 🙁

    • Natürlich ist es das. Debian ist free software. Damit kannst du machen was du willst, also fast. Herunterladen und weiterverbreiten sind ausdrücklich erwünscht.

    • Ja, natürlich darfst du Debian, andere freie Software und natürlich alle anderen Inhalte deren Verteilung erlaubt ist, über BitTorrent oder andere P2P-Netzwerke runterladen und verteilen.

    • im grunde genommen find ich es sogar besser, ganze distributionen über bittorrent und dgl. zu verteilen, statt über kostenpflichtige webspaces etc.

  2. Da dieser Pornoproduzent ja behauptet, die Rechte an Debian zu besitzen, würde ich es begrüßen, wenn das Debian-Projekt diese Spinner verklagen würde. Meiner Meinung nach ist das Betrug.
    Und der Betroffene sollte eine kostenpflichtige Abmahnung an die Kanzlei schicken, durch die gegen eine Zahlung von 700 Euro ein Gerichtsverfahren abgewendet werden kann. 😉

  3. was ich mich gerade frage ist: woher wussten die von deinem debian-download??
    klar sinds betrüger wenn du klar ne legale quelle genommen hast. aber das hab ich schon öfters gelesen, dass abzocker linux auf ihren seiten anbieten. aber eben nicht für lau. und somit können sie geld verlangen für etwas was woanders nichts kostet.
    die frage ist aber woher wissen die dass du von der offiziellen debianseite was heruntergeladen hast.
    aber die masche ist echt krass, nen legalen download abzumahnen.

  4. Bringt es eigentlich was, wenn man selbst den BitTorrent-Client immer noch im Hintegrund am laufen hat? Ich hab immer das Gefühl, das gar keine Seeder mehr gebraucht werden, weil da irgendwie nie aktivität ist. Hatte in einer Woche nen Traffic von nichtmal einem GB im Upload durch ein Ubuntu-Image

  5. In der Kanzlei sitzen eben dumme Windowsnutzer! Wie sonst ist zu erklären, dass sie „Debian“ vielleicht mit „Domina“ verwechselt haben? 😀

    Wäre echt der Witz des Monats, wenn es nicht so traurig wäre…

    • Ich denke, dass der ganze Prozess praktisch vollständig automatisiert abläuft. Nur so lässt sich erklären, dass immer wieder Leute wegen legalen Downloads angeschrieben werden oder die Briefe Hunde oder Tote erreichen… Alles schon passiert 😉

  6. Boah, da bekomm ich das große Ko**en. Eine Gegenklage inkl. einstweiliger Verfügung auf Unterlassung wäre schön, aber wer hat da das nötige Know-How respektive Kleingeld für.

  7. wäre doch ein schönes Kapitel für ne Rechtschutzversicherung inkl. einer anschließenden Petition o.ä. die diesem abartigem Geschäftsmodell endgültig einen Riegel vorschiebt – in einer rosa-roten Wunschwelt am besten gleich über unsere Landesgrenzen hinaus….. aber …naja rosa 😉

    Der Betroffene hat scheinbar das Debian Projekt schon kontaktiert/informiert – auch hier bin ich gespannt ob da eine Reaktion passiert.

    So oder so wird die Domain der Abmahmer durch die rege Verlinkung im Zuge der Berichterstattung profitieren … und den Rest der Geschichte werden wir alle zeitnahe verdrängt haben oder?

  8. Unglaublich was für DInge im Netz passieren. DIeses Beispiel zeigt allerdings nochmal explizit wie falsch und ungenau Abmahnungen sein können. Es kann also jeden treffen, wenn jetzt schon sowas passiert. Ich frage mich wohin das noch führen wird.

  9. Mich hat sowas auch schon erwischt. Nicht ganz so dämlich, aber ich habe in Torrent ausschließlich Open Source liegen und bekam Ende letzten Jahres 3 Abmahnungen wegen Pornos, die ich weder kenne, noch dass sie vom Titel her auch nur mein Interesse wecken würden.
    Das schlimme ist ja, dass ich seither deutlich weniger Torrent laufen habe, aus „Angst“ noch mehr solcher Abmahnungen zu bekommen.
    Denn Rechtlich hat man dabei ein echtes Problem. Da zu dem Zeitpunkt, an dem man eine Abmahnung bekommt, bereits ein Landgericht den angeblichen illegalen download bestätigt und die Rausgabe der Personendaten angeordnet hat, liegt die Beweislast beim Beschuldigten seine Unschuld zu beweisen.
    Das wiederum ist annähernd unmöglich, denn als Beweis liegt nur ein Hash-Wert, die Zeit und die IP vor. Die ISP hat bis dahin schon keine Daten mehr weil gelöscht.
    Selbst wenn man beweisen kann, dass man zum „Tatzeitpunkt“ nicht zuhause war, greift die Eignerhaftung des Anschlussinhabers.

    Da bleibt nur: Unterlassungserklärung abgeben, abwarten (3Jahre) und hoffen das nicht geklagt wird.

    • Ich bin zwar kein Jurist, aber ich glaube nicht, dass du Recht hast. Dieses Märchen von der Beweislastumkehr ist nur FUD seitens der Abmahnindustrie. Es würde unserem Rechtssystem total zuwider laufen, wenn du deine Unschuld beweisen müsstest.
      Die spekulieren nur darauf, dass die Leute aus Angst zahlen. Darum sollte man gerade in solchen Fällen wie im Artikel beschrieben prüfen, ob man denen nicht gerichtlich einen Denkzettel verpassen kann. Das riecht nach versuchtem Betrug, zu behaupten, man hätte die Rechte an einem freien Softwareprodukt und dann auch noch Geld abzuzocken (mit Automatisierung kann man sich da nicht rausreden finde ich, entsprechende Sorgfalt muss sein). Der Ruf freier Software wird dadurch nur beschädigt.

      • Sehe ich ähnlich! Diese Menschen sind nur auf die Kohle aus und nutzen die Angst anderer Menschen für ihre perfiden Geschäfte!

        Ich bin zwar auch kein Jurist, aber ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass Kläger deine Schuld auch beweisen müssen, damit sie dich eben anklagen können. (Wenn du selber natürlich Beweise für deine Unschuld erbringen kannst, um so besser für dich.)

        Wie heißt so schön: „Ohne Beweise keine Anklage“. 🙂

        Also logisch gesehen muss der Abmahn-Horst erst einmal beweisen, dass du etwas illegales ausgeübt hast. Kann er das nicht, kann er auch dir nichts! Nur weil er im Brief geschrieben hat, der Download von Debian SEI illegal, heißt es noch lange nicht, dass er es auch IST. Aber da wären wir wieder bei der Angst und die ist nun mal leider ein gutes Druckmittel!

        • Das ist einer der Gründe warum ich beim downloaden von den Linux Distributionen immer http Download verwende, wenn es möglich ist.
          Ansonsten (zb, Crunchbang) nur mit VPN.

          Für solche Abmahnungen einen Anwalt einzuschalten fehlt mir einfach die Zeit und das Geld.

      • Es ist leider wirklich so das die Daten die durch die Software der „Abmahn-Industrie“ erhoben wurden durch „Zertifikate“ vor Gericht als „Beweis“ gelten und die Logdateien die dir dein PC anfertigt oder dein Router z.B. per eMail monatlich zuschickt (das kann z.B. die FritzBox) nur als Indiz und du musst beweisen das du nicht unter der IP online warst oder das du gar-nicht zuhaue warst (und der PC aus war) was aber so gut wie unmöglich ist. Siehe dazu auch:
        http://www.heise.de/extras/ct/pdf/ct1001154.pdf
        ps. Interessant ist auch weshalb Heise den c´t Artikel kostenlos als PDF veröffentlicht hat, da wollte ein Anwalt doch glatt heise verklagen weil sie ihn als „teil der Abmahn-Industrie“ bzw. als „Abmahnanwalt“ bezeichnet haben:
        http://heise.de/-1176819

        • Aber offensichtlich werden bei diesen sogenannten „Beweisen“ auch Fehler gemacht, indem etwa eine Rentnerin, die keinen PC hat, der Urheberrechtsverletzung beschuldigt wird – das ganze ist also höchstens ein Indiz. Von irgendwelchen Zertifikaten steht in dem Text auch nichts (was meinst du damit?).
          So wie ich das sehe steht es da einfach Aussage gegen Aussage. Wenn dem nicht so ist, dann ist es höchste Eisenbahn daran was zu ändern.

        • Es ist schon etwas länger her als ich den Text gelesen habe. Ich habe die „Gutachten“ gemeint die es für die Software „angeblich“ gibt („angeblich“ da der c´t die Einsicht verwehrt wurde). Aber das mit der quasi Beweislastumkehr die es leider gibt steht eindeutig so in dem Text.

        • Du meinst die Sache mit dem Anscheinsbeweis. Das gibt es natürlich schon, wenn man etwa z.B deine DNA auf der Tatwaffe findet, man dich vom Tatort hat weglaufen sehen und du kein Alibi hast und bekannt ist, dass du mit dem Opfer im Streit lagst. Dann müsstest du schon glaubhaft begründen können, warum du nicht der Täter bist.
          Die Sache mit der IP-Personen-Zuordnung taugt aber nicht als Anscheinsbeweis, weil er viel zu fehleranfällig ist. Du könntest dann vor Gericht darauf hinweisen, dass bereits zahlreiche Unschuldige deswegen der Urheberrechtsverletzung beschuldigt worden sind und du einer von jenen bist. Ist bei Massenabmahnungen ja auch nicht unwahrscheinlich.

  10. Dein WIKI-Link zum vermeintlichen holländischen Produzenten „Video Art Holland b.v.“ (VAH b.v.) ist so nicht richtig.
    Lt. Aussagen der vorgeblich Abgemahnten „@kalinawalsjakoff“ handelt es sich um eine beinahe Namensgleich Fa. „Media Art Holland b.v.“ MAH b.v. welche jedoch in keinem Firmenregister zu finden ist.
    Da die Augsburger Kanzlei N_e_g_e_l_e regelmäßig mit Abmahnungen im P0rn0-Bereich tätig ist, liegt schon der Verdacht nahe „wollte Linux bekam P0rn0“ was die vorgeblich Abgemahnte jedoch auch selbst anhand des Dateihashwertes selbst überprüfen könnte.

    • Danke Christian, damit ist der Fall ja wohl begraben. Das Geschäftsmodell Abmahnung läuft ja so gut, dass bekanntlich schon viele Betrüger unterwegs sind. Gab dazu ja schon öfters Beiträge in verschiedenen Medien. Mich wundert es nur, wie hoch das „Glück“ des „Abmahners“ sein musste auf einen Linuxer zu treffen, der in der Tat am genannten Tag ein Debian via BitTorrent runtergeladen hatte. Die Chancen dafür sind doch unterirdisch 😉

  11. Schade eigentlich, dass die Abmahnung nicht echt war. Den anschließenden Schmach und die medienwirksame Gerichtsverhandlung hätte ich dieser Mafia-Industrie gerne gegönnt.

  12. Hat einer Ahnung von Abmahnungen? Wir haben gerade auf zeitong.de gelesen, dass man als Benutzer von Facebook Gefahr läuft, abgemahnt zu werden. Das wird die nächste riesige Abmahnwelle sein. Weil ich auf meinem Facebookprofil Bilder und Videos von Stars eingebunden habe, mache ich mir jetzt Sorgen. Was kann ich dagegen tun?

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