Ich nutze GNOME seit vielen Jahren als meine bevorzugte Desktop-Umgebung unter Linux. Totem, der bisherige Standard-Videoplayer, war dabei lange Zeit ein treuer Begleiter. Doch in den letzten Jahren ist die Entwicklung praktisch zum Stillstand gekommen. Totem wirkt technisch ein wenig veraltet und optisch nicht mehr zeitgemäß. Umso mehr freut es mich, dass mit GNOME 49 ein Wechsel ansteht: Die modernere Anwendung Showtime wird zum offiziellen Videoplayer.
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Showtime wird Teil der Core-Apps
Die Entscheidung wurde im GNOME-Projekt durch einen Merge Request offiziell bestätigt. Showtime wird ab GNOME 49 zu den sogenannten Core-Apps gehören. Totem wird aus dieser Sammlung entfernt. Auch wenn der neue Videoplayer im Anwendungsmenü weiterhin als „Video Player“ erscheint, dürften viele von euch den Namen „Showtime“ im Alltag weiter verwenden. Das ist ähnlich wie bei Nautilus, das offiziell „Dateien“ heißt.

Showtime war bereits bekannt
Neu ist Showtime als Anwendung nicht. Das Programm entstand im Rahmen des GNOME-Inkubators und steht interessierten Nutzerinnen und Nutzern schon seit Längerem zur Verfügung. Ihr findet es auf Flathub oder in den Paketquellen vieler Distributionen. Ubuntu 25.04 bringt den Videoplayer zum Beispiel bereits mit, ebenso Arch Linux. Neu ist lediglich die Aufnahme in den offiziellen GNOME-Kern.

Warum Totem nicht mehr ausreicht
Totem, das in GNOME als „Videos“ geführt wird, basiert auf GTK3 und wird kaum noch aktiv weiterentwickelt. Die Codebasis ist veraltet, und es fehlen neue Funktionen. Das Changelog zeigt, dass in den letzten Jahren nur minimale Änderungen vorgenommen wurden. Showtime bringt dagegen ein modernes technisches Fundament mit. Die App nutzt GTK4, Libadwaita und entspricht den aktuellen Designrichtlinien von GNOME.
Totem verschwindet damit aber nicht vollständig. Einige Distributionen werden es weiterhin ausliefern, vor allem wenn sie auf GTK3 setzen. Auch Desktop-Umgebungen wie MATE setzen noch auf das alte Toolkit. Totem wird aber keine Rolle mehr auf dem GNOME-Desktop spielen. In den Paketquellen wird man das Programm aber noch lange finden.
Fokus auf das Wesentliche
Der Slogan des Projekts lautet „Watch without distraction“. Wenn ihr ein Video startet, seht ihr sofort, was damit gemeint ist: Das Fenster ist komplett randlos, und die Steuerelemente verschwinden nach kurzer Zeit. Man sieht nur noch das Video, plus schwarze Balken oben/unten oder rechts/links. Die Wiedergabe rückt in den Vordergrund, ohne ablenkende Elemente.
Zu den Funktionen von Showtime gehören die Unterstützung für GStreamer-basierte Medienformate, die Anpassung der Wiedergabegeschwindigkeit, das Aktivieren von Untertiteln aus Dateien oder eingebettet im Video sowie die Auswahl von Audiospuren. Praktisch ist außerdem die Möglichkeit, Videos zu drehen, zum Beispiel bei Aufnahmen vom Smartphone. Auch eine Wiederholfunktion für Clips ist enthalten.
Was fehlt, ist eine Unterstützung für M3U-Playlisten. Totem habe ich in der Vergangenheit beispielsweise dazu genutzt, um das TV-Bild von eine Fritzbox zu streamen. Allerdings kamen VLC oder auch GNOME MPV mit dieser Aufgabe deutlich besser zurecht als der gute alte Totem-Videoplayer. Inzwischen ist mir diese Funktionalität allerdings nicht mehr so wichtig. Mediatheken haben das lineare Fernsehen bei mir nahezu vollständig ersetzt.

Noch nicht perfekt, aber mit klarer Richtung
Showtime bietet nicht alle Funktionen, die Totem früher einmal hatte. Die Wiedergabe von DVDs wird zum Beispiel nicht unterstützt. Das dürfte aber für die meisten von euch kein Nachteil sein, da optische Medien nur noch selten zum Einsatz kommen. Wer DVDs abspielen möchte, greift ohnehin besser zu leistungsfähigeren Programmen wie VLC.
Die Stärke von Showtime liegt in der Konzentration auf das Wesentliche. Ziel ist es, die grundlegenden Anforderungen an einen Videoplayer zu erfüllen. Auf komplexe Zusatzfunktionen wird bewusst verzichtet. In dieser Hinsicht funktioniert Showtime für mich besser als Totem. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch der Audioplayer Decibels: Die Anwendung soll ihre Hauptaufgabe zuverlässig erfüllen – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Weitere Funktionen sind geplant. Ein offener Merge Request bringt bald die Möglichkeit, auch Medien-URLs zu öffnen. Damit wird Showtime künftig flexibler einsetzbar sein.
Showtime, Papers, Decibels: GNOME im Wandel
Ich begrüße es, dass GNOME Showtime zur neuen Standardanwendung für Videos macht. Die App ist schlank, modern und entspricht dem, was man im Jahr 2025 von einer Desktop-Anwendung erwarten kann. Insgesamt zeigt sich GNOME erneut im Wandel. Viele etablierte Programme weichen neuen, stärker auf das aktuelle Design und moderne Technologien ausgerichteten Anwendungen. Das gefällt nicht allen, aber so funktioniert Softwareentwicklung: Nichts bleibt auf Dauer unverändert. Ob Showtime auch in anderen Distributionen wie Ubuntu zur Standard-App wird, ist noch offen. Möglich ist es durchaus, denn dort wurde auch bereits Evince durch Papers ersetzt. Ich bleibe gespannt.