Ich bin immer dann neugierig, wenn Software, die bisher nur auf proprietären Plattformen zu Hause war, plötzlich auch für Linux erscheint. Genau das ist nun mit AdGuard für Linux passiert: Die Entwickler hinter dem bekannten Werbeblocker haben Version 1.0 ihrer nativen Linux-Variante veröffentlicht. AdGuard ist zwar keine freie Software, aber hinschauen kann man ja mal – immerhin funktioniert das Tool ähnlich wie Pi-hole oder AdGuard Home, nur eben direkt auf dem eigenen Linux-System, ganz ohne zusätzliche Hardware wie einen Raspberry Pi.

DNS-Blocking direkt am Client

AdGuard für Linux funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die bereits genannten Projekte: Es klinkt sich auf Systemebene in den DNS-Verkehr ein und blockiert darüber Domains, die Werbung, Tracking oder Malware ausliefern. Statt also in jedem einzelnen Browser Erweiterungen zu installieren, läuft das Programm im Hintergrund als lokaler DNS-Proxy. Auch in verschlüsselte Verbindungen klinkt sich AdGuard mit einem eigenen CA-Zertifikat ein.

Wenn ihr eine Webseite aufruft, prüft AdGuard im Hintergrund, ob diese Inhalte nachlädt, die auf einer Blockliste stehen – und unterbindet die Verbindung gegebenenfalls direkt auf DNS-Ebene. So lässt sich Werbung auch aus Anwendungen entfernen, für die es keine Adblocker-Erweiterung gibt. Wichtig unter Android, wo Apps alle Nase lang Werbung einblenden, eher irrelevant unter Linux, wo man mit Open-Source-Anwendungen von Anzeigen verschont bleibt.

Der große Unterschied zu AdGuard Home oder Pi-hole besteht darin, dass AdGuard für Linux nicht zentral im Netzwerk arbeitet, sondern lokal auf dem jeweiligen Gerät. Das macht es vor allem für mobile oder Einzelplatz-Systeme interessant – etwa Notebooks, mit denen ihr regelmäßig unterwegs seid und nicht auf euren heimischen DNS-Server zugreifen könnt.

Nur Konsole – keine grafische Oberfläche

AdGuard für Linux verzichtet vollständig auf eine grafische Benutzeroberfläche. Stattdessen erfolgt die gesamte Konfiguration und Steuerung über ein Kommandozeilenwerkzeug namens adguard-cli. Wer ohnehin lieber im Terminal arbeitet, wird sich damit schnell zurechtfinden.

Eine interaktive Konfiguration führt euch nach der Installation durch die wichtigsten Einstellungen. Praktisch: Ihr könnt direkt entscheiden, ob ihr eine Testlizenz nutzen wollt – dazu ist allerdings ein kostenloser AdGuard-Account notwendig. Danach könnt ihr das Programm aktivieren, konfigurieren und starten.

Features in AdGuard für Linux 1.0

AdGuard für Linux fehlt in der ersten Version zwar eine GUI, aber über das reine Adblocking hinaus gibt es eine Reihe von Funktionen:

  • App-Exclusion-Feature: Damit könnt ihr einzelne Programme oder Browser von der Filterung ausnehmen, wenn es zu Problemen kommt.
  • Vordefinierte Ausnahmelisten: Für häufig genutzte Anwendungen stellt AdGuard bereits Ausnahmelisten zur Verfügung – das spart euch manuellen Aufwand.
  • Filterverwaltung: Ihr könnt eigene Filterlisten hinzufügen, bestehende aktivieren oder deaktivieren und AdGuard-Filter individuell anpassen.
  • Effizientere Updates: Beim Aktualisieren der Filterlisten lädt AdGuard nur die veränderten Teile nach – das spart Bandbreite.
  • Proxy-Unterstützung: Sowohl HTTP- als auch SOCKS5-Proxys werden unterstützt. Änderungen an der Konfiguration oder den Filterlisten werden automatisch übernommen, ohne dass ihr AdGuard neu starten müsst.

Installation (getestet unter Ubuntu 25.04)

Die Installation beschreibt AdGuard in der Dokumentation. Hier nochmal die wichtigsten Schritte: Um das Tool auf euer Linux-System zu bringen, führt ihr einfach folgenden Befehl im Terminal aus:

$ sudo apt install curl
$ curl -fsSL https://raw.githubusercontent.com/AdguardTeam/AdGuardCLI/release/install.sh | sh -s -- -v

Gebt bei Nachfrage euer Passwort ein, bestätigt den Installationsvorgang mit Y und drückt Enter. Nach der Installation startet ihr mit:

$ adguard-cli activate

Wählt hier beispielsweise Get a trial license, wenn ihr AdGuard erst einmal testen möchtet. Ohne eine Registrierung kann man den Spaß allerdings nicht ausprobieren.

Lizenz ab 2,49 Euro im Monat

Apropos Registrierung: Wer AdGuard für Linux nicht nur testen, sondern auch dauerhaft nutzen möchte, muss eine Lizenz kaufen. Die Einzellizenz (bis zu 3 Geräte) kostet 2,49 Euro/Monat. Die Familienlizenz (bis zu 9 Geräte) schlägt aktuell mit 4,99 Euro/Monat zu Buche. Der Preis soll auf 7,47 Euro/Monat steigen. Abgerechnet wird jeweils für ein ganzes Jahr. Die „lebenslange“ Lizenz kostet einmalig 74,99 bzw. 159,99 Euro (später 224,97 Euro).

AdGuard für Linux ist nicht gratis. Wer den Werbeblocker nutzen möchte, muss ein kostenpflichtiges Abonement anbschließen. Auch für die Linux-Version.
Die AdGuard-Website stellt die neue Linux-Version prominent vor. Die grafische Oberfläche gibt es allerdings nur für andere Betriebssysteme.

Konfiguration (die wichtigsten Schritte)

Danach ruft ihr den Konfigurationsassistenten auf:

$ adguard-cli configure

Und schließlich startet ihr den Dienst mit:

$ adguard-cli start

Zum Anhalten oder Überprüfen des Status könnt ihr diese Befehle nutzen:

$ adguard-cli stop
$ adguard-cli status
Der Konfigurationsassistent im Terminal führt durch alle wesentlichen Einstellungen – inklusive der Auswahl von Filterlisten und dem Anlegen von Ausnahmen.
Der Konfigurationsassistent im Terminal führt durch alle wesentlichen Einstellungen – inklusive der Auswahl von Filterlisten und dem Anlegen von Ausnahmen.

Fazit: Interessant, aber eher nicht nötig

AdGuard für Linux ist ein Tool für alle, die auf einfache Weise DNS-basiertes Adblocking auf ihrem Linux-System einsetzen möchten – ohne einen dedizierten Netzwerkdienst wie Pi-hole oder AdGuard Home einzurichten. Der Verzicht auf eine grafische Oberfläche ist für viele von euch sicher kein Nachteil, sondern eher ein Pluspunkt.

Webseite ohne aktiven Werbeblocker: Deutlich mehr Werbung und Tracking-Skripte, die im Hintergrund geladen werden.
Webseite ohne aktiven Werbeblocker: Deutlich mehr Werbung und Tracking-Skripte, die im Hintergrund geladen werden.
Webseite mit aktiviertem DNS-basierten Werbeblocker: Viele Elemente werden ausgefiltert, bevor sie überhaupt geladen werden.
Webseite mit aktiviertem DNS-basierten Werbeblocker: Viele Elemente werden ausgefiltert, bevor sie überhaupt geladen werden.

Trotzdem bleibt ein Wermutstropfen: AdGuard ist keine freie Software. Ihr gebt bei der Nutzung persönliche Daten wie eure E-Mail-Adresse an, müsst euch für die Testlizenz registrieren und euch auf einen proprietären Dienst verlassen. Wenn ihr maximale Kontrolle und Transparenz sucht, bleibt Pi-hole auf einem dedizierten Gerät oder ein selbst gehostetes AdGuard Home oft die bessere Wahl.

Und ganz ehrlich: Warum braucht man DNS-Level-Adblocking direkt auf seinem Linux-System? Noch dazu mit einem nicht gerade günstigen Abonnement? Für Firefox und Chrome gibt es Adblocker-Erweiterungen wie uBlock Origin, die deutlich mehr Kontrolle über das Adblocking bieten. Browser-Alternativen wie Brave bringen einen integrierten Werbeblocker gleich mit. Und selbst der GNOME-Webbrowser „Web“ blockiert Anzeigen ganz ohne zusätzliche Erweiterungen.

Ansonsten ist bei mir freie Software am Start, die nicht nach Hause telefoniert und keine Anzeigen einblendet. DNS-Level-Adblocking ist super, wenn man keinen Einfluss auf Geräte oder Apps hat. So darf beispielsweise mein Smart-TV via Pi-hole ins Netz. Ohne den kleistert LG den Homescreen und selbst das laufende Fernsehbild mit Werbung und Eigenanzeigen zu. Aber für ein Linux-System braucht es den Spaß in meinen Augen nicht. Wer – aus welchem Grund auch immer – sowieso ein AdGuard-Abo hat, findet vielleicht einen Nutzen bei der Linux-Version. Aber ein Argument, jetzt ein Abo abzuschließen, ist die Linux-Version sicher nicht.

Falls ihr ein Abonnement von AdGuard ernsthaft in Erwägung zieht: Für welchen Einsatzzweck genau? Mich interessiert, ob ich einen sinnvollen Use Case übersehe – etwa bei speziellen Netzwerkkonfigurationen, im beruflichen Umfeld oder in komplexeren Setups. Teilt gern eure Erfahrungen oder bevorzugten Alternativen.

guest
4 Kommentare
Inline Feedbacks
Zeige alle Kommentare
Steven

Lifetime Lizenzen für AdGuard gibt es immer wieder günstig bspw. bei StackSocial oder Kinguin. mydealz sei Dank bin ich so günstig an meine Lifetime Lizenzen gekommen ^^

Ich benutze AdGuard seit ~1,5 Jahren auf dem Smartphone, nachdem ich mit Blokada immer mehr Probleme hatte.

Einen Sinn in AdGuard für Linux sehe ich aus den gleichen Gründen wie du ebenfalls nicht.

Gunny

Bin mit Pihole auf meinem Raspi happy. Mehr brauch ich nicht.