Ich betreibe meinen Blog seit vielen Jahren mit WordPress. Es war nie perfekt, aber die Kombination aus einfacher Bedienung, riesigem Plugin-Ökosystem und der Möglichkeit, die Software komplett selbst zu hosten, hat damals überzeugt. Ich mag es, wenn ich Kontrolle über meine Inhalte habe und WordPress hat mir diese Kontrolle lange gewährt.

Mit der Ankündigung eines eigenen WordPress-AI-Teams macht das Projekt aber jetzt klar: KI wird in Zukunft nicht nur ein Randthema, sondern ein fester Bestandteil der Plattform werden. Die Frage ist nicht mehr, ob KI in WordPress integriert wird, sondern nur noch, wie schnell und tiefgreifend die künstliche „Intelligenz“ in WordPress Einzug erhält.

Was plant das neue AI-Team?

Laut offizieller Mitteilung soll das neue „WordPress AI Team““ alle Entwicklungen rund um künstliche Intelligenz im WordPress-Ökosystem bündeln und vorantreiben. Die Strategie folgt dabei dem „Plugin-First“-Ansatz: Neue KI-Funktionen sollen zuerst als sogenannte Canonical Plugins erscheinen, also offiziell empfohlene Erweiterungen, die später in den Core übernommen werden könnten.

Dazu gehören etwa:

  • Textvorschläge beim Schreiben von Beiträgen
  • Automatische Bildunterschriften und Barrierefreiheitshilfen
  • „Intelligente““ SEO-Optimierung
  • Unterstützung für Übersetzungen mithilfe neuronaler Modelle

Man will die Entwicklung offen und gemeinschaftlich gestalten, heißt es, allerdings stehen mit Mitarbeitern von Google und Automattic zwei Schwergewichte ganz vorne auf der Liste der Teammitglieder. Es fällt schwer, darin keinen Interessenkonflikt zu sehen.

Warum das nicht nur gute Nachrichten sind

Ich sehe KI nicht grundsätzlich negativ. In vielen Bereichen kann sie uns Arbeit abnehmen – besonders bei repetitiven Aufgaben oder sprachlichen Barrieren. Aber wenn KI zum Standard wird, stellt sich zwangsläufig die Frage: Wer hat eigentlich noch die Kontrolle?

Denn: KI-Funktionen basieren oft auf Modellen, die nicht lokal, sondern auf fremden Servern laufen – meist bei großen Cloudanbietern wie OpenAI, Google oder Amazon. Wer diese APIs nutzt, überträgt Daten dorthin. Das ist nicht nur ein Datenschutzproblem, sondern auch eine Frage der digitalen Souveränität.

Noch muss man Artikel in WordPress selber tippen oder Inhalte extern von ChatGPT und Co. aufbereiten lassen. In Zukunft will WordPress KI-Tools direkt in das CMS einbetten.

Außerdem droht eine zunehmende Abhängigkeit von kommerziellen Diensten: Wenn WordPress-Plugins plötzlich ohne Abo oder API-Schlüssel gar nicht mehr richtig funktionieren, verlieren wir als Nutzende ein Stück unserer Freiheit und das in einem System, das sich bislang auf Offenheit und Selbstbestimmung berufen konnte.

Was könnt ihr tun?

Wenn ihr WordPress nutzt und euch fragt, wie ihr mit dieser Entwicklung umgehen sollt, hier ein paar Ideen:

1. KI-Funktionen kritisch prüfen

Nicht jedes neue Feature ist ein Fortschritt. Wenn Plugins plötzlich KI-Module einführen, fragt euch: Was wird da automatisiert? Welche Daten fließen wohin? Könnt ihr das Verhalten nachvollziehen oder kontrollieren?

2. Selbst gehostete Alternativen bevorzugen

Viele Aufgaben lassen sich auch ohne Cloud-KI erledigen. Für Barrierefreiheit oder SEO gibt es Tools, die lokal arbeiten. Und wer maschinelle Übersetzung will, kann etwa LibreTranslate oder Bergamot ausprobieren. Beides sind Open-Source-Projekte, die keine Daten ins Silicon Valley schicken.

3. Community-Projekte unterstützen

Die WordPress-Welt ist groß. Wenn ihr Entwicklerinnen oder Entwickler kennt, die an datenschutzfreundlichen Plugins arbeiten, gebt ihnen Rückmeldung, bewertet ihre Projekte oder spendet ein paar Euro. Auch kleine Gesten helfen. Im deutschen Sprachraum gehört beispielsweise das Pluginkollektiv zu solchen Initiativen.

4. Den AI-Entwicklungsprozess beobachten

Die Make-WordPress-Seite zum Thema KI und der zugehörige Slack-Kanal #core-ai sind öffentlich zugänglich. Wer mitlesen oder mitdiskutieren will, kann das tun, auch ohne Google- oder Automattic-Logo im Profil.

WordPress will in Sachen KI-Entwicklung auf der Höhe der Zeit sein. Das mag aus Sicht des Projekts verständlich sein, immerhin verändert KI die Art, wie wir Inhalte erstellen, rasant. Aber aus Sicht der Nutzer bedeutet das vor allem eines: Wir müssen genauer hinschauen, wofür diese Technik eingesetzt wird und ob sie uns wirklich hilft oder nur weiter entmündigt.

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Erik

Die vier genannten Punkte hören sich erstmal nicht schlecht an. Wichtig wäre mir aber, dass sich alle KI-Funktionen abschalten lassen, wenn sie mir nicht gefallen oder auf die Nerven gehen.