Ich konnte mich mit Pocket nie so richtig anfreunden. Die Idee eines „Read-it-later“-Dienstes ist in meinen Augen zwar super wichtig, aber die Umsetzung bei Pocket wirkte auf mich immer ein wenig zu geschlossen – vor allem, seit Mozilla die Plattform nach der Übernahme 2017 zunehmend in den Firefox-Kosmos integriert hat.
Eine Zeit lang habe ich stattdessen Omnivore ausprobiert, was einen offenen Ansatz verfolgte und auch mit einem Linux-Desktop gut zusammenspielte. Doch auch dieser Dienst wurde inzwischen eingestellt. Heute setze ich auf eine selbstgehostete Lösung: Wallabag. Die Anwendung lässt sich auf dem eigenen Server betreiben, unterstützt zahlreiche Importformate und bringt Apps und Erweiterungen für verschiedene Plattformen mit.
Dass Mozilla Pocket nun endgültig einstellt, überrascht mich also nicht persönlich. Betroffen macht es trotzdem, denn für viele war der Dienst ein zuverlässiger Begleiter im digitalen Alltag.
Am 8. Juli 2025 ist Schluss
Wie Mozilla mitteilt, wird der Dienst zum 8. Juli 2025 offiziell abgeschaltet. Bis dahin bleibt Pocket noch wie gewohnt nutzbar, per App, Browser-Erweiterung oder Weboberfläche. Ab diesem Datum wechselt der Dienst in einen sogenannten „Export-Only-Modus“: Ihr könnt eure gespeicherten Inhalte weiterhin exportieren, aber nicht mehr nutzen oder neue Inhalte hinzufügen. Eine Anleitung
Wichtig: Die Frist zum Export läuft am 8. Oktober 2025 ab. Danach werden sämtliche Nutzerkonten und gespeicherte Daten gelöscht – unwiderruflich. Eine Anleitung gibt detaillierte Informationen, wie man seine gespeicherten Daten exportieren kann.
Mozillas Begründung zum Ende
Offiziell heißt es, das Nutzungsverhalten im Netz habe sich verändert. Mozilla wolle sich auf Projekte konzentrieren, die „besser zu den heutigen Surfgewohnheiten“ passen. Im Hintergrund dürfte aber vor allem eines eine Rolle spielen: Ressourcen.
Seit der Übernahme im Jahr 2017 hatte Mozilla Pocket zwar technisch weiterentwickelt und in Firefox eingebunden, zuletzt aber immer weniger Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Die automatische Integration in den „Neuer Tab“-Bildschirm von Firefox zeigte bereits, dass Pocket zunehmend als Content-Empfehlungsmaschine und nicht mehr als Lesezeichen-Dienst verstanden wurde.

Mit dem Aus für Pocket will Mozilla diese Empfehlungssparte nun über andere Kanäle fortführen: Im Firefox-Startbildschirm, per Newsletter („Ten Tabs“) und über redaktionell kuratierte Inhalte. Ich hoffe mal stark, dass man in Firefox alle diese Inhalte weiterhin deaktivieren kann. Ich für meinen Teil will beim Öffnen eines Tabs nichts anderes sehen, als eine weiße Fläche. Schon alle eine kurze Bedenkzeit zum Laden dieser Inhalte bremst beim Arbeiten aus.
Wie ihr eure Daten rettet
Wenn ihr Pocket genutzt habt, solltet ihr nicht bis Juli warten, sondern eure Inhalte möglichst bald sichern. Der Export enthält: Eure Leseliste, die archivierten Artikel, Favoriten und die Notizen und Markierungen. Die Daten lassen sich als HTML-Datei exportieren, die sich lokal speichern und mit anderen Diensten weiterverarbeiten lässt. Eine direkte Migration zu Alternativen ist zwar nicht vorgesehen, aber manche Drittanbieter bieten zumindest Importfunktionen für Pocket-Exporte an. Bei Wallabag läuft der Import über die Pocket API.
Was passiert mit Pocket Premium?
Wer ein kostenpflichtiges Pocket-Premium-Abo abgeschlossen hat, erhält eine anteilige Rückerstattung. Die Regeln sind dabei klar:
- Monatsabos: Die automatische Verlängerung wird sofort gestoppt. Es fallen keine weiteren Kosten an, Rückerstattungen sind nicht vorgesehen.
- Jahresabos: Die Abonnements werden am 8. Juli 2025 gekündigt. Der ungenutzte Zeitraum wird automatisch auf das ursprüngliche Zahlungsmittel zurückerstattet.
Ein manuelles Eingreifen ist in beiden Fällen nicht nötig. Ich glaube aber, dass kaum hier jemand für Pocket gezahlt haben dürfte.
Erweiterungen und Apps: Was bleibt, was verschwindet?
Ab dem 22. Mai 2025 wird die Pocket-Erweiterung nicht mehr über die offiziellen Browser-Add-on-Seiten angeboten. Bereits installierte Erweiterungen bleiben zunächst bestehen, funktionieren aber nur bis zum 8. Juli. Danach verweisen sie lediglich noch auf die Export-Seite. Entfernen müsst ihr die Erweiterungen dann selbst – eine automatische Deinstallation erfolgt nicht.
Auch die Pocket-App für Android- oder Apple-Smartphones und Tablets verschwindet nach dem 22. Mai aus den App Stores. Wer sie bereits installiert hat, kann sie noch bis zum 8. Oktober neu installieren. Auch wenn Sie nicht automatisch vom Handy verschwindet. Nach dem offiziellen Ende ist auch hier Schluss. Ein Grund mehr, sich nach Alternativen umzusehen.
Alternativen: Wohin jetzt?
Das Ende von Pocket reißt eine Lücke – gerade für all jene unter euch, die plattformübergreifend lesen, speichern und sortieren möchten, ohne sich auf datenhungrige Konzerne verlassen zu müssen. Es gibt Alternativen, die teilweise freie Software sind und mehr Kontrolle bieten:
- Wallabag: Eine selbst hostbare, freie Pocket-Alternative. Unterstützt Importe, Tags, Offline-Lesen und hat Apps für Android & iOS.
- Linkding: Ein minimalistischer Self-Hoster für Lesezeichen, nicht speziell für „Read-it-later“, aber flexibel erweiterbar.
- Shiori: Einfache, self-hostbare Lesezeichenverwaltung mit Read-it-later-Funktion und Webinterface.
- Karakeep (ehemals Hoarder): Moderner „Read-it-later“-Dienst mit Markdown-Unterstützung und Webclipper-Erweiterung.
Diese Lösungen setzen teils einen eigenen Server voraus, was Aufwand bedeutet, aber auch mehr Kontrolle über eure Daten. Ich bin es mittlerweile leid, solche Dienste alle naselang zu migrieren. Neben Feedradern hoste ich auch meinen Read-It-Later-Dienst lieber selber. Eine Liste mit weiteren Alternativen findet ihr bei selfh.st.

Fazit: Ein leiser Abschied mit großem Echo
Die Einstellung von Pocket ist mehr als nur das Ende eines Produkts. Sie erinnert uns daran, wie schnell selbst langjährig genutzte Dienste verschwinden können, selbst wenn sie von gemeinnützigen Organisationen betrieben werden. Ich habe Pocket zwar nicht selber genutzt, ich kann mir aber gut vorstellen, dass es Mozilla-User gibt, die dem Dienst nachtrauern werden.
Die wichtigste Lehre daraus sollte sein: Setzt euch mit Selfhosting auseinander. Wer Dienste selbst betreibt, hat mehr Kontrolle über Funktionen, Daten und Zukunftssicherheit und spart auf lange Sicht oft sogar Zeit und Geld. Die freie Software-Welt bietet für praktisch jeden proprietären Dienst eine leistungsfähige Open-Source-Alternative. Nutzt sie!
Ich habe Pocket nicht benutzt (und komme derzeit mit Wallabag gut zurecht), aber die Artikelempfehlungen in Firefox fand ich richtig gut. Wenn ich das richtig verstanden habe spielte da die Browserhistorie mit hinein – auf jeden Fall waren da immer wieder tolle Artikel dabei, die ich anderswo nicht gesehen hatte. Daher fand ich es durchaus schade, dass ich die Funktion im Browser meiner Distro später nicht mehr aktiviert bekam, ich glaube die wurde dort ganz rausgepatcht.
Wobei ich völlig verstehen kann wenn man die Funktion nicht wollte. Sie passt ja wirklich nur manchmal, wenn man Zeit totzuschlagen hat. Genauso wie die ganze Pocketintegration unglücklich war, gerade bei einem Browser der sich beim themenverwandten RSS-Button angeblich nicht den Platz nehmen wollte. Von daher ist eine Ende dieses Kapitels irgendwie auch gut, wobei ich es gleichzeitig nicht gut finde wenn Mozilla dort mal wieder Nutzer im Stich lässt.
Es sei noch erwähnt, dass Dirk laut hier Readeck Wallabag vorzieht. Dass Wallabag nicht immer gut Artikel parst kann ich auch unterschreiben, ist für mich nur nicht so relevant. Vll noch eine valide Alternative.
Stimmt. Wallabag schafft es nicht immer ordentlich Artikel zu extrahieren. Auf Github sogar. Aber auch mich hatte es bislang nicht gestört. Offiziell scheint es für Readeck keine Android-App zu geben, aber auch an dieser Stelle scheint sich was zu tun. Ich schau da auf jeden Fall mal rein: https://github.com/jensomato/ReadeckApp
Ich benutze jetzt Linkwarden und bin damit sehr zufrieden. Besonders das parsen von Webseiten ist hier wirklich sehr gut. Hatte vorher Wallabag benutzt, aber die Leistung des Parsers war mir einfach zu schlech, z.b bei flathub.org. Mit Linkwarden gibt es auch eine sehr gute Android App. Testen kann man Linkwarden z.b auf der adminforge.de Seite.
Es ist toll, wieder mehr von Dir zu lesen.
Vor ein paar Monaten bin ich von Wallabag auf Readeck umgestiegen, das wäre für Dich vielleicht auch eine Alternative. Readeck parst die Seiten besser,
Hi Dirk. Danke dir. Ich finde es auch toll, dass so viele gute alte Gesichter noch da sind und mitlesen. So laaaaangsam finden auch die Suchmaschinen wieder gefallen am Blog… Readeck werde ich mir auf jeden Fall mal ansehen. Hat das Ding einen Importer für Wallabag?
Ja, Wallabag kann importiert werden.
Du kannst gerne einen Account bei mir bekommen, wenn Du möchtest.
Wallabag finde ich nicht so gut, ich empfehle Linkwarden.
Das sind unterschiedliche Arten von Anwendungen.