Vor ziemlich genau zwei Jahren habe ich mir die Frage gestellt ob App-Stores eine Gefahr für die FOSS-Kultur sind. Ich habe mir damals in Bezug auf Android angesehen was für „kostenlose“ Programme ich denn so auf meinem Smartphone habe und was denn einen Entwickler wie Mario Kemper (Der führende Kopf hinter Shutter) motiviert seine Programm nicht nur kostenlos als Freeware kostenlos zu verteilen, sondern auch den Quellcode unter die GPL zu stellen. Das Software-Center bot bislang keine 0815-Apps, mit Photobomb ändert sich das nun.

Ich bin damals zum Fazit gelangt, dass Linux (oder Ubuntu) keinen App-Store im Stile des Android-Markets oder Apples App-Store braucht und dass ein solcher App-Store sehr behutsam umgesetzt werden müsste. Wenn es ein Photoshop für Linux gäbe, so hätte ich nichts dagegen wenn es über eine Ubuntu App-Store (heute nennt sich dieser ja das Software-Center) zu kaufen gäbe. Auch große/bekannte kostenlose Programme wie Google Earth, Skype oder der Adobe Reader könnten über diesen gerne ohne das Hinzufügen von Quellen und Gefrickel vetrieben werden. Aber simple 0815-Apps für €1,99 wie man sie aus dem Android-Market oder iTunes kennt? Ganz ehrlich: Nein danke, lasst uns lieber gemeinsam Software entwickeln aus der wir lernen können und aus der dank freier Lizenzen Neues entstehen kann.

Canonical ist bislang mit den „Kauf Apps“ des Software Centers mehr oder minder diesem Weg gefolgt. Zu Kaufen gibt es Spiele von ein paar Indie-Labels und gratis sind Skype oder der Adobe Reader zu haben. Doch die befürchteten 0815-Apps blieben bislang aus. Bis heute… Heute hat Canonical das Programm Photobomb zum Software-Center für einen Preis von 2,99 hinzugefügt.

Photobomb unter Ubuntu

Photobomb ist eine „Spaß-Bildbearbeitung“, die als Hobby-Projekt von Ubuntu-Entwickler Rick Spencer geschrieben wurde, zahlreiche Infos zum Programm findet ihr im Blog von „Raving Rick„. Die Appifikation von Ubuntu hat also nun definitiv begonnen, sehen wir in Zukunft weitere simple Programme die über das Software Center vertrieben werden? Die Pfurz-App für 99 Cent? Das Wetter-Widget für 2,99€ und den Wecker mit trendigen Klappzahlen für 5,49€? Die schiere Basis an Usern ist ja da, so dass sich das Entwickeln solcher Mini-Apps für Ubuntu lohnen könnte.

Was mich persönlich bei Photobomb wundert: Das Programm steht weiterhin unter der GPL und kann über das PPA des Entwicklers kostenlos und somit bequem über die Paketverwaltung von Ubuntu installiert werden. Sollen also jetzt nur Einsteiger ohne Erfahrung für das Programm bezahlen? Natürlich erlaubt die GPL dieses Vorgehen, erst recht wenn der Autor selber den Verkauf über das Software Center erlaubt und am Gewinn beteiligt wird. Doch dieses Spiel mit zwei Gesichtern finde ich befremdlich, entweder man vertreibt das Programm richtig und stellt es unter eine proprietäre Lizenz, oder man schaut zu dass man das Programm bei Debian unterbringt und somit die komplett Linux-Welt davon was hat. Doch das aktuelle Vorgehen widerspricht in meinen Augen der Fairness, die Linux bislang immer so ausgezeichnet hat.

//PS: heise open hat mit Apps für Ubuntu das Thema ebenfalls aufgegriffen.

23 Kommentare

  1. Ich habe mich gefragt, wer brauch so kleine Apps? Auf einem Handy kann ich so etwas ja verstehen. Die Pfurz-App bei freunden mal zu zeigen, aber mit einem Laptop oder Desktop?

    Wie ist das beim Mac-App-Store? Sind da eher ernsthafte Programme (Photoshop etc.) oder der Krimskrams unterwegs?

  2. Also ich sehe das anders – es ist kein doppeltes Spiel, sein Programm sowohl kostenfrei unter der GPL zur Verfügung zu stellen als auch Geld dafür entgegen zu nehmen. Das Geld ist dann eher so eine Art freiwillige Spende. Man kann das Programm kaufen, wenn man es gerne benutzt, aber man kann auch nichts dafür bezahlen oder man kann am Projekt mitarbeiten bzw. den Code für was andereres weiterverwenden.

    Ich finde allerdings auch, dass gerade unerfahrene User den Unterschied zwischen rein proprietären Anwendungen und freien Anwendungen, die für Geld im Software-Center angeboten werden nicht klar ist und da verwirrt werden könnten. Wünschen würde ich mir, dass es bei freien Anwendungen keinen Kauf- sondern einen Spenden-Button gibt, mit der Option das Programm auch kostenlos runterzuladen. Das würde vielleicht mehr Leute zum Spenden animieren, die sonst gar nicht darin denken würden, dass nur wenige Open-Source-Entwickler für ihre Arbeit bezahlt werden.

  3. Ich frage mich vor allem, welche „kleinen“ Apps bei Linux noch fehlen. Minispiele und kleine Apps gibt es schon jetzt ohne Ende. Was fehlt sind eher einige leistungsfähigeren Anwendungen im professionellen Bereich, die mit Quickly wohl kaum entstehen dürften.

    Was allerdings noch fehlt sind Anwendungen für Touchscreens. Hier könnte man noch einiges gebrauchen

  4. Hallo

    Doch mir fehlt ein bestimmtes App unter Ubuntu. und zwar den Whatsapp Messenger. Da viele Mitarbeiter von mir, ein Smartphone haben, und durch dieses App kommunizieren.

    Ich benutze zwar auf meinem Ubuntu Rechner Whatsapp, doch fürs die Installation muss ich über den Android SDK gehen.

    im Market gibt es zwar viel Schrott, doch einige Apps hätte ich gerne unter Ubuntu.

  5. Da wäre es denke ich sinnvoller, Pidgin oder Empathy entsprechend zu erweitern. Dafür eine eigene Anwendung zu erstellen wäre denke ich unsinnig.

  6. Ich stimme dir nicht vollständig zu. Redhat baut sein gesamtes Geschäftsmodell auf diesem Prinizip, was dazu geführt hat das zwei exakte Klone existieren. Zugegebener Maßen ist bei denen der Support wichtiger als bei Fun Apps.
    Die Probleme bei kostenloser Opensource-Software zeigt meines Erachtens am stärksten Mozilla auf: Firefox wird durch die Klickgewinne der Searchbox gepäppelt und hat mind. 10x so viele Entwickler wie Thunderbird (das von Email-Provider nur als Werbehindernis gesehen wird).

    Gruß Max

    PS: Auch ich vermisse ich, wie andere hier schon schrieben, viele Android Apps auf meinem Ubuntu Lappi. Wobei es wirklich schräg wäre bei jedem Tool Werbung dabei zu haben 😉 Trotzdem schade das nie die versprochene Unterstützung von android Apps unter Ubuntu kam.

  7. ehrlich gesagt verstehe ich die aufregung nicht. wenn der user das haben will, ist doch super. ich frage mich eher, warum der linux-desktop sooo lange gebraucht hat um einen benutzerfreundlichen „app store“ (mir egal wie man es nennt) zu bekommen.

    ich sehe viele vorteile in so einer zentralen software, für die entwickler vorallem aber für den user.

    und ob das programm nun geld kostet oder nicht, egal. denn es geht bei opensource nunmal eben nicht um kostenlos, sondern um offenen code.

    ob in dem store dann 0.10€ oder 100€ programme sind, ist doch egal. solange ich das finde, was ich brauche.

    ich sehe ehrlich gesagt canonical auf einem richtigen weg, auch wenn ich ja immer noch denke, dass der desktop verloren ist, und man ihn nie wirklich erobern wird:(

    • Hallo Boxi, den App-Store gibt es schon seit Ewigkeiten. Er nennt sich „Paketverwaltung“. Das Software-Center hübscht diese nur noch ein bisschen auf und versieht sie mit einer sozialen Komponente (Bewertungen und Kommentare zu den Anwendungen). „Und ob das programm nun geld kostet oder nicht, egal. denn es geht bei opensource nunmal eben nicht um kostenlos, sondern um offenen code.“ Genau, darum geht es mir doch. Schau dich doch mal um wie viele quelloffene Programme es in den App-Stores von Android oder Apple gibt? Die Auswahl ist dünn, SEHR dünn. Ich würde viel lieber ein System sehen für meine Apps zu spenden. Über Flattr habe ich bspw. schon jetzt Spenden-Abos zu vielen mir wichtigen Programme laufen. Sowas könnte man auch über das Software-Center machen.

      • eben, das ist ja das schlimme. die paketverwaltungen gibt es seit zigtausend jahren, für den enduser waren sie aber nie benutzbar. das software center wird es mit viel glück teilweise mit 11.10 werden. und ja, das ärgert mich, dass erst apple oder google kommen muss um zu zeigen wie es geht.
        in der apple-welt gab war auch vorher schon closed-source-software sehr verbreitet und selbst größere opensource-projekte (openoffice, firefox) führten schon immer ein nischen-dasein. ebenso baut apple auch eher schranken gegen opensource ein, als es für den appstore zu unterstützen. zumindest wenn es um gpl-ähnliche lizensen geht.
        aber das ist ja etwas, was cannonical besser machen kann und was erstmal nichts mit dem store-conzept zu tun hat. wenn der user sieht, dass das eine programm etwas kostet und das andere nichts, und beide gleichwertig im store vertreten sind, ist es doch gut.

        natürlich könnte man auch spenden… der store steckt ja noch immer in den kinderschuhen(leider).

        • Die Paketverwaltung war auch so schon lange benutzbar. Zum einem mit Synaptic, dem IMHO besten Paketverwaltungsfrontend, mit dem ich alles machen kann, was ich brauche, zum anderen mit gnome-app-install, ein vereinfachtes APT-Frontend ähnlich dem Software-Center. Neu ist nur die Möglichkeit, Programme zu kaufen.

        • Das Software-Center an sich würde ich nicht verteufeln. Ubuntu richtet sich an den Desktop-Benutzer, warum soll dann die Paketverwaltung tausende von Bibliotheken, Kommandozeilen-Tools oder Dienste auflisten. Das Software-Center erleichtert es dem Anwender schon gewaltig interessante Anwendungen zu finden. Wer will und möchte, kann ja immer noch Synaptik aufrufen. Die Vielfalt der Backends ist ja das tolle von apt.

  8. Das ist doch ein bekanntes Konzept, dass OpenSource-Programme auch als kostenpflichtiger Download (zur Spende) angeboten werden. Hatte Mozilla das nicht auch mal bei den Firefox-Addons so gemacht/geplant?

    • Wenn man das auch so entsprechend gestalten würde, wäre daran ja nichts auszusetzen. Aber im Software-Center wird der Photobooth als proprietäres Programm deklariert und man kauft eine Lizenz der Programmes. Eine Spende sieht anders aus und funktioniert anders. Hier stößt man doch die vielen Tausend Entwickler vor den Kopf, die ihre Programme ganz normal freigeben.

  9. Zum Thema Sinn der Anwendung darf ich Canonical von einem Facebook-Post zitieren:

    —[ snippet ]—
    Photobomb

    Another really interesting title recently released is called Photobomb. It’s described as a “Easy and Social Image Editor”. It’s like a mashup tool for your images. Pretty slick and at $2.99 it’s a cinch to check out. Go buy it and provide some feedback today.

    We have some very cool submissions pending the packaging process in the queue. Thanks to all of our interested developers out there we have officially backed up the packaging team! Don’t worry though…we’ll soon work through that backlog and have a lot of new and interesting titles showing up regularly in the software center.

    Check them out, provide some feeback, and even submit more!

    To submit a new application go to https://myapps.developer.ubuntu.com

    And one last thing – keep your eye out for the updated developer.ubuntu.com website coming in early October!
    —[ /snippet ]—
    Source: https://www.facebook.com/notes/canonical/new-titles-in-the-ubuntu-software-center/275752115776572

    Canonical hat also entweder etwas Marketing betrieben, vielleicht weil die Anwendung aus dem eigenen Haus kommt, oder sie sehen wirklich einen Sinn … darin.

    Im Übrigen muss ich mich dir anschließen, Christoph. Ich habe nichts dagegen, dass auch kostenpflichtige Programme ins Software Center einziehen. Allerdings konnte ich immer sagen, dass ich ein System nutze, bei dem eine Qualitätskontrolle stattfindet, bevor eine Anwendung zur Installation bereitsteht. Und ich finde, dass das damit irgendwie verloren geht, mag die Anwendung auch noch so gut programmiert sein, warum soll den so ein Kram (kostenpflichtig) installierbar sein?
    Irgendwann kommt es noch dazu, dass die Software Auswahl, wie bei den erwähnten anderen Stores, mit sinnfreier bzw. relativ nutzloser Software überschwemmt wird und man richtige Anwendungen nur noch über die Kommandozeile installieren kann, weil man im Center nicht mehr durchsteigt.

    Daniel

  10. Hai Daniel,

    Irgendwann kommt es noch dazu, dass die Software Auswahl, wie bei den erwähnten anderen Stores, mit sinnfreier bzw. relativ nutzloser Software überschwemmt wird und man richtige Anwendungen nur noch über die Kommandozeile installieren kann, weil man im Center nicht mehr durchsteigt.

    als Alternative gibt’s Synaptic.

    Wobei ich prinzipiell deiner Meinung bin. Ich verstehe bis heute nicht den Hype bzgl. dieser ganzen iDingenses und weshalb die iDingensbenutzer so viel Knete für irgend eine iDingens-Bierglas zum aus’m iDingens trinken ausgeben … und trotzdem durstig bleiben? Sinn ergibt das ganze nur dann, wenn ich die Möglichkeit habe das ganze sinnlose Zeugs aus zu blenden.

    Da gibt es und gab es schon immer verschiedene Meinungen dazu. Die Linux Desklets und Screenlets gab es ja schon eine gefühlte Ewigkeit. Auch ich habe das eine oder andere blitzende Desklet seit 11.04 vermisst. Die ganzen iDingenses und Widget Dingenses tun ja grad‘ so als hätten die’s erfunden…

    SCUBA

  11. Ich wollte schon immer einen freien Desktop haben, ich kann es einfach nicht leiden, wenn überall Icons/… sind. Daher könnte ich mich gut mit dem Konzept von GNOME 3 anfreunden, benutze aber Unity genauso – der Desktop ist leer.
    Selbst bei KDE 4.7 hatte ich nur ein Terminal und die Folder-View, damit ich schnell mal was aufmachen kann, aber das war auch schon grenzwertig.
    Mir haben diese ganzen Widgets bzw. Gadgets (im Microsoft-Slang) noch nie irgendeinen Nutzen gebracht. Vorallem, weil ich Fenster aufhabe und die sowieso nicht sehe. Ich habe aber natürlich auch keine Lust, ein Widget-Dashboard zu öffnen.

  12. Ich fände es gut, wenn im Softwarecenter eine Möglichkeit angeboten würde, Spenden an die Entwickler zu geben. Also kein Kaufzwang, aber bei Gefallen doch ein Weg, sich erkenntlich zu zeigen. Geht zumindest mir so – ich bin reiner Anwender, kann also keine Bereicherung im Sinne von Code/neuen Funktionen beisteuern. Wenn mir aber ein Programm zusagt, denn gebe ich gerne einen Obulus ab. Ich nutze zum Beispiel extrem intensiv avidemux, das Programm ist Spitze, würde mich gerne dafür bedanken, aber auf der Projektwebseite habe ich nicht herausfinden können, wie ich Geld spenden kann. Genau dasselbe bei ubuntu – man muss schon ein wenig suchen, bis man die Spendenfunktion findet – aber immerhin gibt es eine.

  13. Es sollten Programme mit unterschiedlichen Ausstattungen geben.
    So können Projekte wie es z.B. bei der Weiterentwicklung von Wine über das proprietäre Crossover gibt fortbestehen, sowie die vielen JAVA Programme.
    Warum nicht auch ein App Store für Linux. Wer’s mag 🙂 Dann bitte aber eine User-freundliche Installation über einen MouseClick und nicht stundenlange Recherchen im Netz und ewiges Editieren und Anpassen der Konfigurationsdateien. Das geht schon bei Programmen wie Google Earth und Skype los. Ohne eine aufwändige Recherche lassen sich solche Programme nicht unter Debian Wheezy 64 Bit problemlos installieren. Für einen nicht Fachmann ein kaum zu lösendes Problem. Anbieter wie Teamviewer zeigen wie es geht.
    Ich selbst bin mit Linux zufrieden und löse damit alle Alltagsaufgaben. Eine komfortable zu bedienende Buchhaltungssoftware wünsche ich mir jedoch. Wünscht sich ein Kunde Linux auf seinen Klapprechner gehen die Probleme schon beim ACPI los. Ewiges Gefummel über Stunden ohne Erfolg. Bevor also der User die Programme nutzen kann müssen diese elementaren Probleme gelöst werden.
    In der Zukunft werden sich große Softwarehersteller sowieso mehr zu Cloud Anwendungen ausrichten. So ist dann das Betrachten der Urlaubsbilder mit dem heiligen Photoshop auch unter Linux problemlos nutzbar. 😉

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