Ich schaue YouTube-Videos unter Android schon länger nicht mehr über die offizielle App, sondern mit NewPipe oder einem seiner Forks. Der quelloffene YouTube-Client bietet genau das, was viele sich von freier Software wünschen: Man muss sich nicht anmelden, wird nicht getrackt, bekommt keine fragwürdigen Empfehlungen – und kann Videos offline speichern oder im Hintergrund abspielen, ganz ohne Googles Einschränkungen. Doch inzwischen hat NewPipe mit einem gravierenden Problem zu kämpfen: Videos lassen sich nur noch mit maximal 360p abspielen. Das ist kein kleiner Bug, sondern die direkte Folge einer tiefgreifenden Änderung bei YouTube selbst.
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SABR: YouTube schaltet auf undurchsichtiges Streaming um
Wenn ihr in letzter Zeit ebenfalls bemerkt habt, dass NewPipe nur noch pixelige Videos zeigt, seid ihr damit nicht allein. Das Problem besteht seit Ende März, wie ein Issue auf GitHub dokumentiert. Die Zahl der doppelten Fehlermeldungen ist inzwischen so groß, dass die Entwickler ausdrücklich darum bitten, keine neuen Threads mehr zu eröffnen – was das Ausmaß ganz gut zusammenfasst.
UPDATE 08.05.2025: Es gibt mit NewPipe 0.27.7 einen schnellen Hotfix, der die Problemtik behebt. Aber es ist noch nicht alle Tage Abend: „Note that the solution employed in this version is likely temporary, and in the long run the SABR video protocol needs to be implemented, but TeamNewPipe members are currently busy so any help would be greatly appreciated! Take a look at #12248 for more information.“
Hintergrund ist eine technische Umstellung bei YouTube: Google setzt zunehmend auf ein neues Streaming-Protokoll namens SABR (Server Adaptive Bitrate). Ziel ist es, die Videoqualität dynamisch an Gerät und Netzwerk anzupassen. Das Problem dabei: Statt offener Standards wie DASH oder HLS kommt nun ein proprietäres Format namens UMP zum Einsatz. Es kombiniert Audio- und Videospuren in einem einzigen Stream, verwendet zur Adressierung keine Byte-Ranges mehr, sondern Zeitwerte in Millisekunden, und erschwert dadurch die Analyse und Aufteilung durch Drittanbieter-Clients erheblich.

Die technischen Details hat der Entwickler des googlevideo-Projekts gut nachvollziehbar dokumentiert. Klar ist: SABR macht es freien Clients nahezu unmöglich, auf das volle YouTube-Angebot zuzugreifen – jedenfalls solange, wie Google keine offizielle Schnittstelle bietet.
About a year or two ago, YouTube started experimenting with SABR (Server ABR) streaming. It allows the server to dynamically adjust the stream based on the user’s network conditions and device capabilities. While this is all pretty good for YouTube, it’s quite difficult to implement properly in third-party apps (think FreeTube, NewPipe, GrayJay, etc.)
For one, the SABR stream is not a standard DASH/HLS stream. It uses a custom streaming protocol (UMP) that is not compatible with any players available these days. And on top of that, it delivers both audio and video segments in one request, which is another incompatibility with DASH and HLS. It also does not use byte ranges, but rather a time value in milliseconds.
Auch Forks wie Tubular sind betroffen
Nicht nur NewPipe selbst ist betroffen, sondern auch die zahlreichen Forks, die sich über die Jahre entwickelt haben. Besonders bekannt ist Tubular, ein Fork, der aus internen Spannungen im NewPipe-Team hervorgegangen ist. Viele Nutzerinnen und Nutzer bevorzugen Tubular, weil dort Funktionen wie SponsorBlock oder ReturnYouTubeDislike direkt integriert sind – Features, die das Hauptprojekt bislang bewusst ablehnt. Doch auch Tubular kämpft mit den gleichen Problemen: Das letzte Release erschien Anfang Februar, und seitdem ist auch hier bei 360p Schluss.
PipePipe als funktionierende Alternative
Ein kleiner Hoffnungsschimmer kommt vom Fork PipePipe, der das SABR-Problem offenbar zumindest vorübergehend umgeht. Bei mir funktioniert die App derzeit problemlos mit Auflösungen bis 1080p – ohne erkennbare Einschränkungen. Wer PipePipe selbst testen möchte, findet die App über F-Droid. Als alternativen F-Droid-Client kann ich Droid-ify empfehlen, der deutlich flotter und übersichtlicher wirkt als der klassische Client.

Der Umstieg zwischen den Apps gelingt erfreulich unkompliziert: Die NewPipe-Einstellungen inklusive abonnierter Kanäle lassen sich exportieren und in einem anderen Fork problemlos wieder importieren. Mein persönlicher Wechsel von Tubular zu PipePipe verlief reibungslos – und auch der Umstieg auf andere Forks sollte ähnlich einfach sein. Im Vergleich zu NewPipe bietet PipePipe unter anderem folgende Funktionen:
- Integration von SponsorBlock (für YouTube & BiliBili)
- Rückkehr der Dislike-Anzeige mit ReturnYouTubeDislike
- Anzeige von Bullet-Kommentaren und Live-Chats
- Erweiterte Suchfilter zur gezielten Videosuche
- Suche und Sortierung innerhalb lokaler Wiedergabelisten
- Filtermöglichkeit nach Schlüsselwörtern, Kanälen und mehr
- Musikmodus und Wiedergabe im Hintergrund
- Schlaftimer zum automatischen Beenden der Wiedergabe
- Gestensteuerung im Vollbildmodus
- Anmeldung zum Abspielen eingeschränkter oder Premium-Inhalte
Fazit: Freie Clients unter Druck – aber nicht kampflos
Die NewPipe-Entwickler arbeiten weiterhin intensiv an einer Lösung, wie sich im aktuellen Fortschritts-Thread nachverfolgen lässt. Doch die Richtung ist klar: Google will die Kontrolle über seine Plattform behalten und setzt dabei zunehmend auf technische Barrieren, um Drittanbieterlösungen auszubremsen.
Gerade deshalb sind Projekte wie NewPipe, PipePipe und andere Forks so wichtig – sie zeigen, dass es Alternativen gibt, auch wenn diese zunehmend unter Druck geraten. Natürlich wäre es am besten, sich komplett von YouTube zu lösen und Plattformen wie PeerTube zu nutzen. Aber wir kennen es alle: Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach.
Hey, danke für den Hinweis. Hatte auch noch bei mir Tubular auf dem Handy. Jetzt geht’s weiter zu PipePipe. Mal sehen, wie’s läuft.
Ich nutze hier schon seit längerem PipePipe und bis dato keine Probleme. Mal sehen, ob es so bleibt…