Ich nutze Firefox. Nicht aus Nostalgie, sondern aus Überzeugung. Firefox ist der letzte große Browser, der sich nicht dem Silicon-Valley-Diktat unterwirft, der noch von einer unabhängigen Organisation gepflegt wird und sich (halbwegs) konsequent für Datenschutz, Offenheit und Webstandards einsetzt. Doch genau dieser letzte verbliebene Gegenpol zu Chrome, Edge und Safari steht vor einer existenziellen Krise – und das nicht etwa, weil Mozilla plötzlich weniger engagiert wäre, sondern weil sich das gesamte Finanzierungsmodell für Browser gerade unter unseren Füßen auflöst.

Google finanziert (fast) alle großen Browser – auch Firefox

Vier Browser dominieren den Markt: Google Chrome, Microsoft Edge, Apple Safari und Mozilla Firefox. Was viele nicht wissen: Im Endeffekt hängen alle vier direkt am Tropf von Google. Der Konzern zahlt Apple jährlich rund 18 Milliarden US-Dollar, damit Google als Standardsuchmaschine in Safari voreingestellt ist. Auch Mozilla erhält eine großzügige Zahlung – etwa 450 Millionen US-Dollar pro Jahr. Das sind über 80 Prozent der gesamten Einnahmen von Mozilla.

Microsofts Edge basiert technisch auf Chromium, dem Open-Source-Unterbau von Google Chrome. Auch hier leistet Google den Löwenanteil der Entwicklungsarbeit: Im Jahr 2024 stammen rund 94 Prozent aller Code-Beiträge zu Chromium von Google selbst. Microsoft hängt also ebenfalls massiv von Googles Engagement für die zugrundeliegende Engine ab.

Was sich daraus ergibt, ist eine groteske Realität: Google finanziert nicht nur den eigenen Browser, sondern auch seine „Konkurrenz“.

Jetzt will die US-Regierung genau das verbieten

Die US-Kartellbehörde (Department of Justice, DoJ) hat Google wegen unfairer Marktpraktiken verklagt. Teil der Forderungen: Google soll nicht länger Milliarden an Apple und Mozilla zahlen dürfen, um Google Search als Standard festzulegen – und soll Chrome vollständig abstoßen, um die eigene Marktmacht nicht weiter auszubauen. Das Ziel: mehr Wettbewerb im Browsermarkt. Die Konsequenz: ein radikaler Einschnitt in die Finanzierung praktisch aller großen Browserprojekte.

Selbst Apple, das Milliarden in eigene Forschung und Entwicklung steckt, dürfte Schwierigkeiten haben, Safari ohne Googles Zuschüsse auf dem bisherigen Niveau weiterzuführen. Noch drastischer trifft es Mozilla – ohne das Geld von Google wäre Firefox kaum mehr finanzierbar.

Mozilla warnt eindringlich: Die von der US-Regierung angestrebten Maßnahmen könnten genau das Gegenteil von dem bewirken, was sie beabsichtigen. Denn sie gefährden die Existenz jener Browser, die überhaupt noch eine Alternative zu Chrome darstellen. Mozilla schreibt dazu: Die vorgeschlagenen Maßnahmen schaden dem Wettbewerb im Browsermarkt.

Auch Apple hat sich in das Verfahren eingeschaltet und versucht, Googles milliardenschwere Zahlungen zu verteidigen. Und das ist nur die halbe Geschichte: Die US-Regierung will Google auch dazu zwingen, sich von Chrome zu trennen – was einen Stopp der Finanzierung für Chrome und Chromium bedeuten würde. Damit wären auch Microsoft Edge und andere Chromium-basierte Browser betroffen.

Was bedeutet das für uns als Community?

Für euch als Nutzerinnen und Nutzer freier Software ist das eine bittere Pille. Firefox ist nicht nur irgendein Browser – er ist eines der letzten großen Aushängeschilder für ein freies und offenes Web. Sollte Mozilla wegbrechen, würde ein zentrales Gegengewicht zu den Interessen der großen Tech-Konzerne verschwinden.

Wir müssen uns bewusst machen: Ein Web, das vollständig von Google, Apple und Microsoft kontrolliert wird, ist kein freies Web. Es ist ein Web der Vorfilter, der Telemetrie, der geschlossenen Ökosysteme – und es ist ein Web ohne echten Wettbewerb.

Firefox braucht uns jetzt mehr denn je

Mozilla war nie perfekt. Aber sie waren immer – halbwegs – transparent, offen und den Prinzipien des offenen Webs verpflichtet. Wenn jetzt durch gut gemeinte, aber schlecht durchdachte kartellrechtliche Eingriffe plötzlich die wichtigste Einnahmequelle wegbricht, dann stehen wir als Community in der Verantwortung.

Wir sollten nicht nur fragen: Was macht Google falsch? Sondern auch: Wie können wir Mozilla helfen, Firefox unabhängig weiterzuentwickeln – jenseits von Suchmaschinen-Deals? Firefox ist mehr als ein Browser. Firefox ist ein wichtiger Stern im Open-Source-Universum. Und Sterne lässt man nicht so einfach verglühen.

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onli

Keine unberechtigte Perspektive, aber man kann das auch anders sehen. So ist Apple eben nicht auf Googles Bestechungsgeld angewiesen, dass Safari leidet halte ich für ausgeschlossen. Stattdessen sorgte das Geld dafür, dass es für Apple gewinnbringender war das Suchmaschinenmonopol Googles nicht anzugreifen. Das wäre dann vorbei, also eine Suchmaschine von Apple zu erwarten.

Genauso war es immer eine absurde Entwicklung, dass ausgerechnet Microsoft keine eigene Engine mehr entwickeln wollte. Ausgerechnet Microsoft, die sonst jedes noch so kleine foss-Projekt forken um Machthaber zu sein. Hier könnte der Softwareriese endlich wieder in die Entwicklung einstigen und so Chromes Monopol brechen.

Bei Chrome ist schlicht nicht abzusehen, wie ein Geschäftsmodell aussehen würde. Da ist ja ganz viel Googlekopplung – würde die dann rausgerissen und an den meistbietenden versteigert? Interessante Aussicht.

Und Firefox – okay, das sieht erstmal übel aus. Aber ein Unternehmen mit Millionengehältern fürs Management ist für mich kein Stern am Softwarehimmel, sonst ein Selbstbedienungsladen der Managerkaste. Würde das nun aus der Not heraus gebrochen werden und Firefox trotzdem weiterexistieren (es gibt ja andere Suchmaschinen als Google, wie das bessere brave, oder sei es llm-anbieter wie perplexity) könnte das alles selbst für Mozilla und Firefox positiv sein.

onli

Ich lese hier immer mit 🙂 Es war Zeit mal wieder zu kommentieren.

Da stimme ich dir zu, da ist viel Umbruch und die Quelle des ganzen hat an sozialen Werten kein Interesse. Für uns keine gute Lage an sich. Aber der Trumpismus ist bei dem Monopolverfahren ja nicht der treibende Faktor gewesen, vll wirkt sich das entsprechend etwas positiver aus.

Roland

Ich bin jetzt seit knapp über 20 Jahren Firefox-Nutzer, muss aber zugeben, dass Mozilla in den 10 Jahren für mich einiges von seinem Glanz eingebüßt hat. Angefangen mit der Ausgliederung von Thunderbird, was, wie ich gerade bei Wikipedia lese, wohl auch schon eine Idee von Mitchell Baker war, über die Integration ungewollter Features mit Opt-Out, die versprochene aber nie richtig umgesetzte Möglichkeit, den Firefox-Sync selbst zu hosten, zu fragwürdigen Nebeneinnahmequellen von Mozilla. Die absurden Gehälter setzen dem nur noch die Krone auf. Firefox ist für mich unter den großen Browsern immer noch das kleinste Übel, aber die Euphorie vom Anfang ist weg. Gespendet habe ich schon lange nicht mehr. Über technische Unzulänglichkeiten habe ich auch als Spender immer gern hinweg gesehen, aber irgendwann hatte ich nicht mehr das Gefühl, als Nutzer mit meinem Bedürfnissen für Mozilla im Mittelpunkt zu stehen. Der Untergang von Firefox als Open-Source Projekt wär ein herber Verlust. Ich glaub aber ehrlich gesagt nicht, dass das passieren würde. Vielmehr böte ein Wegfall der Google-Gelder die Möglichkeit, einige Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre zu beerdigen und zu den eigenen Wurzeln zurückzukehren.

Roland

… in den letzten 10 Jahren …

rlx

Die Frage, die ich mir stelle – und die die Mozialla Foundation sich endlich und ehrlich stellen muss: Wie kann man als Unternehmen (gleich, ob profitorientiert oder Non-Profit) akzeptieren, dass man sich in eine totale finanzielle Abhängigkeit von seinem größten Konkurrenten begibt und in dieser Abhängigkeit über Jahre hinweg verweilt?

Mozilla’s wichtigster Sponsor ist seit vielen Jahren die Firma Google. In dieser Zeit hat Google nicht nur einen eigenen Browser herausgebracht (Chrome), sondern diesen auch zum absoluten Marktführer etabliert.

Mozilla ist ein Zwitter aus einer privatwirtschaftlich agierenden Firma und einer Non-Profit-Organisation. Im vorletzten Jahr (aktuellere Zahlen habe ich nicht gefunden) hat Mozilla weit über 500 Millionen USD verdienst, der größte Teil davon stammt aus dem Vertrag mit Google.

Ich würde mir wünschen, dass sich Mozilla endlich wieder auf den Grund seiner Existenz besinnt, den hat sie ja mal in einem Manifest zusammengefasst (https://www.mozilla.org/de/about/manifesto/). Wenn sich Mozilla auf sein Kernprodukt (Browser oder gerne auch Browser und Emailprogramm) konzentriert, so könnte ich mir vorstellen, dass sich dieses auch mit weit weniger als einer halben Milliarde USD jährlich weiter entwickeln ließe – vielleicht wäre es auch eine gute Gelegenheit, die Gehälter der der Chefetage wieder auf ein irdisches Maß zu senken (https://blog.dau.cc/firefox-nutzung-sinkt-um-85-gehalt-der-mozilla-chefin-steigt-um-400/).

Mozilla könnte Firmensupport in großem Umfang anbieten – Firmen sind es gewohnt für Support zu zahlen. Dadurch ließe sich bestimmt genug Geld verdienen, um den Browser auch künftig weiter zu entwickeln.

Heute mehr als jemals zuvor brauchen wir einen schnellen, modernen und radikal offenen Browser, der nicht von kommerziellen Interessen anhängt.

Ich bin sicher dafür gibt es Lösungen. Der erste Schritt ist aber, dass sich Mozilla aus der Umarmung von Google löst. Wenn die US-Regierung hier nach hilft, umso besser.

Martinoo

Hallo, habe durch Zufall mal wieder hier her gefunden 🙂 Schön, dass du noch aktiv bist. Kleine Kritik: Finde die Titelbilder hier mit Beschreibung und Untertitel inzwischen sehr überladen, früher war das mehr schlicht und minimalistisch 🙂

Roland

Ich kann nicht für Martinoo sprechen, aber ich finde speziell dieses Aufmacherbild hier auch echt too much. Da ist einfach zu viel los. Schrift im Vordergrund vor anderer Schrift im Hintergrund … Generell zu unruhiger Hintergrund, um den Text angenehm lesen zu können. Das Layout finde ich ansich nicht schlecht. Hat was Magazin-mäßiges. Das kannst du aber eigentlich nur nehmen, wenn du ein ruhigeres Bild hast oder eins, das nach unten hin in nen Farbverlauf mündet. Den Kdenlive-Aufmacher fand ich auch grenzwertig schlecht lesbar, aber der war kürzer. Bei „World of Goo“ gehts noch, aber da ist auch nicht optimal, dass das „Goo“ im Aufmacher von der großen 2 im Hintergrund aufgefressen wird. Bitte nicht falsch verstehen. Ich freue mich nach der langen Pause über jeden deiner Beiträge, aber wenn man Wünsche äußern darf … ^^

onli

Vielleicht sinnvoll, auf dem Desktop generell den Titelhintergrund abzudunkeln? In einem ersten Versuch sieht background-color: #2625257d;, angewandt auf das header-Element mit den Überschriften, ganz gut aus. Beim Kdenlive-Artikel zumindest. Und der Artikel zu World of Goo profitiert vom Ansatz auch.

Wenn das Design da etwas verzeihender wird sparst du dir Ärger bei der Bilderauswahl.

Roland

Hey, vielen Dank. Bei ruhigeren Hintergründen ist der blur nicht nötig, aber hier erhöht es die Lesbarkeit ungemein. 🙂