Nach bald 1,5 Jahren Entwicklungszeit ist es bald soweit. Die nächste Generation des beliebten Internetbrowsers Mozilla Firefox steht vor der Tür. Firefox 3 soll Anfang 2008 freigeben werden, ein genauer Termin wurde bisher jedoch noch nicht veröffentlicht. Aktuell kann man Firefox Beta 2 herunterladen und austesten. Es kann also nicht mehr lange dauern, bis man das endgültige Produkt in den Händen halten kann. Gerade bei Firefox für Linux hat sich vieles getan. Auf den ersten Blick wird man die plattformübergreifenden Neuigkeiten wie das neue Bookmarksystem Places oder die Zoomfunktion von Webseiten inklusive der enthaltenen Bilder bemerken. Doch es gibt auch zahlreiche Neuerungen, die das Zusammenspiel von Linux und Firefox optimieren.
Plattformunabhängige Neuerungen
Aber zuerst ein kleiner Überblick über die wichtigsten neuen Funktionen des Firefox 3. Hier ragt sicherlich die neue Verwaltung von Lesezeichen heraus. Anstatt wie früher die Bookmarks in einer Ordnerstruktur zu organisieren, die dann in einer einfachen Datei (bookmarks.html) gesichert wird, nutzt das neue System (von den Entwicklern „Places“ genannt) Tags zum Einordnen der Bookmarks, so wie man es von sozialen Netzwerken oder Blogs her kennt. Die Tags selber werden dann in einer SQLite Datenbank gesichert. So lassen sich Bookmarks zu so genannten „Smart Folders“ zusammenfassen und schnell organisieren. Entwicklern von Erweiterungen für den Firefox steht eine umfangreiche API zur Verfügung, über die das neue Bookmarksystem erweitert werden kann.
Ein weiteres sehr praktisches Feature ist, dass Firefox beim Vergrößern bzw. Verkleinern mit [Strg“]+[+] bzw. [Strg]+[-] nun auch die Bilder vergrößert bzw. verkleinert. So bleibt das Layout der betrachteten Webseite beim Zoomen vollständig erhalten. Wer diese neue Funktionalität nicht mag, kann diese jedoch auch wieder abstellen, und das alte Verhalten einstellen, wo nur der Text einer Webseite in seiner Größe verändert wird.
Ebenfalls deutlich verbessert wurde die Addresszeile, also der Bereich in dem man Webaddressen eingeben kann. Bei Eingabe einer URL wird nun nicht mehr nur die Browser-Chronik durchsucht, sondern auch die Bookmarks. Treffer werden schon während der Eingabe zweizeilig und inklusive des Favicons dargestellt. So findet man schnell eine Seite, die man schon besucht bzw. in den Bookmarks abgelegt hat, wieder.
Als Referenz für die Einhaltung der Webstandards Acid2-Test. Firefox 2 hat diesen diesen Test bislang nicht bestanden. Firefox 3 hingegen hält sich nun an alle üblichen Webstandards.
Auch unter der Haube hat sich viel getan. Mozilla nutzt nun Cairo für sämtliche Seiteninhalte wie auch zum Zeichnen der Programmoberfläche. Cairo ist eine Software Bibliothek zum Darstellen von zweidimensionalen Inhalten auf dem Bildschirm. Dadurch geht Firefox deutlich flotter zu Werke, wenn aufwändige Webseiten gezeichnet werden sollen.
Mit den weiteren neuen Funktionen wie einem verbesserten Phishing Schutz, einfacherer Installation von Add-Ons, die nicht über addons.mozilla.org installiert werden sollen und den schon beschriebenen neuen Funktionen mach Firefox 3 ein gutes Bild. Vor allem das neue und generalüberholte Bookmarksystem überzeugt, erfordert aber vom Anwender ein Umdenken, da sich Tags deutlich anders verwalten lassen als eine statische Ordnerstruktur.
Linux-News
Die auffälligste reine Linux-Neuerung ist, dass Firefox nun richtige GTK-Widgets benutzt. Widgets sind Schältflächen, Scrollbalken und Buttons. Diese wurden bisher nicht passend zum verwendeten Thema der Desktopumgebung gezeichnet. Nun endlich fügt sich Firefox wunderbar in die Desktopumgebung ein und übernimmt das Aussehen von GNOME. Ja, nur von GNOME bzw. genauer gesagt das Aussehen von GTK. Es gibt wohl ein paar Animositäten zwischen den Entwicklern von Mozilla und KDE, so dass es nach wie vor keine Qt-Variante von Firefox gibt, die sich nahtlos in KDE einfügen würde. Schaut man sich weiter um, so sieht man dass Firefox nun auch das eingestellte Icon-Theme nutzt.
Überall wo möglich bindet Firefox nun Icons aus dem Icon-Theme der Desktopumgebung ein. Des weiteren sehen nun auch die Tabs des Firefox inklusive des Buttons zum Schließen eines Tabs aus, wie die aller GNOME Anwendungen. Auch hier hat sich Firefox davon verabschiedet unter allen Plattformen gleich aussehen zu wollen.
Eine weitere Änderung betrifft das Verhalten beim Scrollen mit dem Mausrad. Gerade Umsteiger von einem anderen bekannten Betriebsystem merken, dass sie nicht mehr mit dem Mausrad in einer Webseite scrollen können, sobald der Mauszeiger über einem Plugin (Also einem Java-Applet oder einer Flashanimation) steht. Hier hat das Plugin bisher das Scrollen des Mausrades abgefangen und man musst die Maus erst aus dem Bereich des Plugins herausfahren. Nun kann man einfach weiterscrollen.
Schaut man sich die aktuelle Nightly Build von Firefox 3 an, so kann man bereits Funktionen entdecken, die es wohl erst ab der Beta 3 geben wird. Hier können Bilder per Copy&Paste in andere Anwendungen übernommen werden. Also beispielsweise durch einen Rechtsklick auf ein Bild und Copy Image und dann z.B. in Gimp Datei | Holen | Als neues Bild einfügen. Ein Bild per Drag&Drop auf den Desktop oder in eine Anwendung zu ziehen klappt bisher jedoch leider immer noch nicht.
Letztendlich bietet der Dateidialog bei der Auswahl eines Bildes eine Dateivorschau. So kann man schnell sehen welches Bild man auf seine Profilseite bei StudiVZ und Co. hochlädt ohne vorher mit einem Bildbetrachter das richtige Bild raussuchen zu müssen. Alles in allem ist Firefox 3 für den Linux-Desktop ein wichtiger Baustein. Die Anwendungen integriert sich nun fast nahtlos in den Linux-Desktop. Leider müssen Benutzer, die KDE als Desktopumgebung bevorzugen, mal wieder zusehen wie sich auf GTK konzentrieren.
Performance
Firefox hat nicht den Ruf der schnellste Browser zu sein. Laut den Entwicklern von Mozilla wurde jedoch nun bei Firefox 3 viel an der Performance gedreht. Grund genug auch hier mal etwas genauer hinzusehen. Wir vergleichen Firefox 2.0.0.11 sowie Firefox 3 Beta3pre und als Referenz Opera 9.25 in der 32-bit Version, sowie Opera 9.5 Beta2, der bald erstmals in einer 64-bit Version erscheinen wird. Die Tests werden auf einem System mit einer AMD Athlon 64 X2 AM2 3800+ CPU, 2GB RAM und Ubuntu Gutsy Gibbon 7.10 (64-bit) als Betriebsystem durchgeführt.
Im ersten Test wird analysiert wie lange der Browser braucht um eine aufwändige Webseite mit CSS-Layout zu laden. Hierfür wird die Testseite CSS Rendering Benchmark lokal abgespeichert, im Browser geöffnet und die Zeit für das vollständige Rendern der Seite gemessen. Dies macht ein in die Seite eingebautes JavaScript automatisch. Da die Werte stärker schwanken wird der Test jeweils zehn mal wiederholt und ein Mittelwert gebildet. Hier zeig sich, dass der gute alte Firefox 2 tatsächlich noch ein bisschen schneller ist. Der Benchmark braucht für FF2 im Schnitt 692 ms, FF3 lässt sich im Durchschnitt rund 845 ms Zeit. Eventuell muss hier noch von den Entwicklern nach gebessert werden.
Als nächstes analysieren wir die Zeit, die Firefox zum Rendern einer Webseite mit einer größeren Tabelle braucht. Hierfür installieren wir das Add-On Load Time Analyzer, dieses Add-On kann die Zeit bis zum vollständigen Aufbau einer Webseite messen und anzeigen. Als Referenzseite verwende wir diese Seite. Die Seite wird wieder lokal abgespeichert, zehn mal neu geladen und aus den gemessenen Zeiten ein Mittelwert gebildet. In diesem Benchmark schneidet Firefox 3 nun deutlich besser ab als sein Vorgänger. Firefox 3 braucht im Mittel nur rund 675 ms während FF2 1002 ms beim Aufbau beschäftigt ist. Dies ist ein deutlicher Gewinn an Performance von von 32%.
Nach den Tests an statischen Webseiten soll nun die JavaScript Engine getestet werden. Dazu wird der JavaScript Benchmark von SunSpider genutzt. Dieser testet eine Reihe von nicht browserspezifischen Routinen und misst die Zeit. Auch hier wieder zieht der neue Platzhirsch an seinem Vorgänger vorbei. Laut SunSpider geht Firefox 3 bei JavaScript ca. 1,13 mal so schnell zu Werke wie Firefox 2. Dies dürfte sich besonders bei den derzeit so beliebten Webseiten mit AJAX bemerkbar machen.
Letztendlich möchten wir noch einen Blick auf die Speicherauslastung des Browsers werfen. Firefox 2 hat den Ruf RAM regelrecht zu fressen. Um dies zu analysieren wird Firefox mit einem sauberen Profil gestartet und zehn Webseiten mit größeren Inhalten (spiegel.de, slashdot.org, sueddeutsche.de…) in neuen Tabs geöffnet. Mit der GNOME Systemüberwachung wird dann der belegte Speicher des firefox-bin Prozesses betrachtet. Auch hier wieder scheinen die Entwickler ganz Arbeit geleistet zu haben. Anstatt 100 MB wie Firefox 2 braucht der Neue nun nur 75 MB.
Firefox 2.0.0.11 | Firefox 3 Beta3pre | Opera 9.25 (32-bit) | Opera 9.50 Beta2(64-bit) | |
CSS Rendering Benchmark [ms] | 692 | 845 | 379 | 216 |
Load Time Table Benchmark [ms] | 1002 | 675 | – | – |
SunSpider, a JavaScript Benchmark [ms] | 18877 | 16676 | 11555 | 10833 |
Speicherauslastung [MB] | 100 | 75 | 90 | 112 |
Im Bereich der Performance des Browsers hat sich demnach viel getan, doch nach wie vor kann Firefox dem vermeintlich flottesten Browser Opera nicht das Wasser reichen. In allen Tests ist Opera immer noch deutlich schneller. Eventuell bessert sich das Bild noch etwas, wenn Firefox offiziell freigegeben wird und dann in einer 64-bit Version getestet werden kann.